Bei Phoenix hat man viel vor. Denn der einzige verbliebene rein europäische Pharmahändler will sich bei der Industrie als Komplettdienstleister profilieren – und die Hersteller vom Werk bis zum Patienten auf dem ganzen Weg begleiten. Dazu gehören neben eigenen Ketten auch unabhängige Apotheken, die der Konzern jetzt grenzüberschreitend zusammenbringen will. Außerdem soll die Konzerntochter Transmed als Auftragslogistiker ins Direktgeschäft einsteigen.
„All in one“, heißt das Konzept, mit dem der Konzern bei der Industrie punkten will. Wer einen Partner für klinische Studien sucht, soll in der Mannheimer Pfingstweidstraße genauso an der richtigen Adresse sein wie ein Hersteller, der den kompletten Salesbereich auslagern will, einen Auftragslogistiker sucht oder Durchgriff bis zum Patienten will.
Über das Konzept wird im paneuropäischen Pharmahandel seit Jahren gesprochen, doch Phoenix-Chef Oliver Windholz will jetzt auch liefern. So wird in Mannheim derzeit eine Abteilung aufgebaut, die den Kontakt zu den Herstellern halten soll. Einstweilen ist das Projekt Chefsache: Windholz und seine Kollegen aus der Geschäftsführung tingeln derzeit selbst durch die Lande, um ihre Idee in den Vorstandsetagen der Industrie zu präsentieren.
Ein erster Ansatz ist das neue Standbein im Bereich Auftragslogistik: Transmed soll künftig mit seinen 250 Fahrzeugen auch die Direktbestellungen der Apotheken ausfahren; zwei Jahre lang hat sich das Management den Markt angesehen, um jetzt – in einer Zeit der Schwäche beim Marktführer Trans-o-flex – loszulegen.
Ob das neue Geschäftsmodell nur Kapazitäten auslasten soll oder auch als Alternative für Hochpreiser gedacht ist und strategisch bis ans Krankenbett ausgebaut wird („Specialty“), darüber schweigt sich Windholz noch aus. „Der Markt braucht Lösungen und die eine oder andere Entwicklung wird kommen, allerdings ganz unterschiedlich in Europa.“ Einstweilen sei der Bereich ein „Marktsegment“ wie jedes andere.
Gleichzeitig will Windholz der Industrie zeigen, dass über Phoenix die gesamte Lieferkette bis hin zum Patienten abgedeckt werden kann. Dazu gehören neben eigenen Ketten, deren Präsenz Windholz in den Phoenix-Märkten „aggressiv“ ausbauen will, auch unabhängige Apotheken. „Wir haben in allen Ländern, in denen wir aktiv sind, starke Kooperationen. Nur bislang weiß das die Industrie nicht“, sagt Windholz. Er verweist auf die 8600 Mitglieder von Verbünden wie Midas, Numark (Großbritannien) oder Valore salute (Italien), die das Phoenix-Netzwerk zum größten in ganz Europa machten.
Daher soll im 2. Halbjahr das Konzept „Phoenix Pharmacy Partnership“ als Dachmarke für die unterschiedlichen Kooperationsprogramme etabliert werden. Anders als bei Alphega oder Lloyds sollen die lokalen Marken beibehalten werden, der Fokus liegt auf der Vernetzung und dem inhaltlichen Austausch. So sieht Windholz auch keinen Widerspruch zu den eigenen Ambitionen, noch mehr weiße Flecken auf der Landkarte mit eigenen Ketten zu schließen: „Wir wollen, dass unsere Großhandelskunden von unseren Erfahrungen profitieren.“
Zuvorderst geht es Windholz darum, bei den Herstellern mit der Präsenz am Point-of-sale punkten zu können. Daher relativiert der Konzernchef auch schnell die geplante Aufwertung von Midas: Partner Nummer 1 in Deutschland sei weiterhin der MVDA. Und hier gebe es längst gemeinsame Ansätze, wie sie jetzt europaweit geplant seien. Als Beispiel nennt er das Diabetesprogramm von Linda.
Vor allem richtet sich „All in one“ in Richtung Ost- und Südosteuropa. Phoenix ist zwar gemessen an der Präsenz in unterschiedlichen Ländern breiter aufgestellt als Walgreens Boots Alliance (WBA) oder Celesio. Allerdings ist der große Fußabdruck vor allem in kleineren Märkten sichtbar, um die die Mitbewerber bislang einen Bogen gemacht haben.
Um dennoch Skaleneffekte erzielen zu können, setzt Phoenix vor Ort auf einen Marktanteil von 30 bis 40 Prozent – und eben auf grenzüberschreitende Konzepte. Zwei Hubs in Warschau und Prag sollen den effizienten Umschlag ermöglichen; ein drittes Zentrallager in Belgrad soll Ende des Jahres eröffnet werden. Als Tor in den Norden – wo die Idee des Exklusivvertriebs zu Hause ist – soll ein neues Großlager in Dänemark dienen.
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