Das Leistungsangebot der Großhändler ist fast komplett austauschbar. Entsprechend findet der Wettbewerb vor allem über Konditionen statt. Rückläufige Erträge werden zähneknirschend hingenommen, um Marktanteile zu gewinnen. Die Branche hat sich dabei stets im Blick: Auf kollektive Sparmaßnahmen folgen in der Regel Rabattoffensiven. Der Wettbewerb wird durch immer neue Niederlassungen weiter beflügelt.
Die rund 20.300 Apotheken profitieren von einem dichten Niederlassungsnetz ihrer Lieferanten. Bei Bedarf wird jede Offizin mehrmals täglich angefahren – oft von verschiedenen Großhändlern. Die Zahl der Großhandelslager übersteigt das Angebot, das für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln benötigt wird, deutlich.
Diese Überkapazitäten fördern die Rabattschlacht. Über die betriebswirtschaftlich notwendige Schließung einzelner Niederlassungen wird zwar immer wieder gemunkelt. Einschnitte wagt momentan aber kein Anbieter: Zu groß ist die Gefahr, Ansehen und vor allem Marktanteile zu verlieren. Stattdessen werden defizitäre Standorte gehalten, ältere Niederlassungen modernisiert und der Wettbewerb durch Neugründungen weiter angeheizt.
Ein Treiber dieser Entwicklung ist die Noweda. Firmenchef Wilfried Hollmann setzt im Kampf um Marktanteile seit Jahren auf Expansion: Neue Standorte wurden 2010 in Bergkirchen bei München, 2011 in Peine und 2013 in Hamburg eröffnet. Die Auslastung scheint eher von untergeordneter Rolle. Im baden-württembergischen Böblingen entsteht die 17. Niederlassung. Die dort ansässigen Apotheken dürften vor allem in der Startphase von guten Konditionen profitieren. Denn der Außendienst muss sie von einem Wechsel überzeugen. Dass die Stammkunden im Nordwesten von ähnlichen Rabatten profitieren, ist eher ungewiss.
Die Genossenschaft machte mit ihrer Ausdehnung in den vergangenen Jahren Boden gut und hat sich mit einem Marktanteil von rund 18 Prozent als Nummer 2 etabliert. In der Branche geht man davon aus, dass Hollmann weiterhin mit neuen Niederlassungen den Abstand zu Branchenprimus Phoenix verkürzen will. Ein weißer Fleck auf der Landkarte ist etwa die Region Nordbayern, wo aktuell keine dunkelblauen Kisten über Förderbänder laufen.
Doch gerade diese Region ist hart umkämpft. Präsent im Großraum Nürnberg sind Gehe und Alliance, Ebert+Jacobi sitzt in Würzburg, Phoenix und Sanacorp in Fürth. Derweil muss Alliance in der Region gleich drei Niederlassungen auslasten, insgesamt gibt es in Bayern sogar sechs Standorte. Auch wenn die deutschlandweit 25 Vertriebszentren kleiner sind als die der Konkurrenz: Angesichts angeblich rückläufiger Marktanteile ergibt sich für die Tochter von Walgreens Boots Alliance (WBA) ein Strukturproblem. Angeblich bereiten Vertreter des Mutterkonzerns bereits ein neues internes Sparprogramm vor, mit dem besonders im Personalbereich bis zu 10 Prozent der Kosten reduziert werden sollen.
Immerhin konnte Alliance zuletzt bei der Apothekenkooperationen Elac Elysée (Guten-Tag-Apotheken) den Anteil ausbauen. Dem Vernehmen nach liegen die Frankfurter in der Gunst der Mitglieder nunmehr vor Gehe. Weiterhin die Nase vorn hat allerdings Phoenix. Die Mannheimer sollen sich ebenfalls sehr ins Zeug gelegt und ihren Anteil erhöht haben.
Dem Branchenprimus werden Ambitionen nachgesagt, den vor Jahren verlorenen Marktanteil von 30 Prozent zurückzugewinnen. Dem Vernehmen nach gäbe es sogar einen Interessenten, der den letzten verbliebenen europäischen Pharmahändler unter dieser Prämisse übernehmen würde. Nach dem Absturz auf 25 Prozent infolge des AMNOG hatte man in Mannheim bereits vor zwei Jahren 3 Prozentpunkte zurückgeholt; Konzernchef Oliver Windholz hatte schon damals angekündigt, dieses Niveau nachhaltig zu halten. Allerdings soll Phoenix derzeit im Großraum München mit dem Verlust mehrerer ertragreicher Kunden zu kämpfen haben.
Bei der Gehe macht dagegen der Norden Probleme. Die Niederlassung in Hamburg, lange einer der umsatzstärksten Standorte des Stuttgarter Großhändlers, hat unruhige Zeiten hinter sich: Nach dem Verlust eines langjährigen Kunden an die Noweda musste auch noch der Chefsessel neu besetzt werden. Die Niederlassungen in Mecklenburg-Vorpommern sind seit Längerem defizitär; angeblich sollen weitere Häuser rote Zahlen schreiben.
Die Erstlieferanten locken die Apotheken bei entsprechendem Volumen zwar mit hohen Rabatten; allerdings sind Insidern zufolge teilweise 40 Prozent des Umsatzes von den Konditionen ausgeschlossen. Im Verdrängungswettbewerb sind viele Mittel recht: Apothekenberater sollen dem Vernehmen nach gezielt von Großhandelsvertretern angesprochen werden, bei Angeboten von Wettbewerbern sofort nachzuziehen.
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