Kommentar

Großhandel global

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Berlin -

Rund 20 Jahre ist es her, da war der Pharmagroßhandel ein lokales Geschäft – geprägt von Unternehmen, deren Chefs noch regelmäßig bei ihren Kunden vorbeischauten. Dann machten sich drei Familien und ihre Anwälte auf, den europäischen Markt grundlegend zu verändern. Mittlerweile stehen die Strukturen, jetzt übernehmen die Amerikaner das Geschäft.

Getrieben von der Vorstellung, dass nicht nur die Herstellung von Arzneimitteln, sondern auch der Handel mit ihnen global organisiert sein müsste, strickte Boots-Chef Stefano Pessina – gewissermaßen als Branchenpionier – ein transatlantisches Netz. Mit Celesio fällt jetzt innerhalb weniger Monate der zweite der drei paneuropäischen Pharmahandelskonzerne in amerikanische Hände. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis auch Phoenix wackelt.

Dabei gibt es keinen guten Grund, die Warenströme im Arzneimittelbereich zu globalisieren. Die Konsolidierung auf der Herstellerebene hat vor allem Negatives gebracht: Anbietermonopole und Stellenkürzungen, Produktionsverlagerungen und Lieferengpässe. Auch die Nebenwirkungen einer Vermachtung auf den Handelsstufen sind hinlänglich bekannt. Was den Aktionären gefällt, nützt den Patienten noch lange nicht.

Noch vor wenigen Jahren beäugten die Amerikaner den europäischen Markt mit Skepsis. Warum sollten Apothekenketten verboten sein? Warum sollten Patienten ihr Insulin woanders beziehen können als bei der ihnen zugewiesenen Versandapotheke am anderen Ende des Kontinents? Und warum gibt es überhaupt in jedem Land so unterschiedliche Regelungen? Nach zwei Jahren Kulturschock zog sich der Telefonberatungsdienstleister Medco entnervt zurück.

Doch offenbar sind die Vorbehalte geringer geworden – nicht weil das Verständnis für den europäischen Markt größer geworden ist, sondern weil der nächste Schritt einfach unvermeidlich zu sein scheint. Drei US-Konzernen stehen drei europäische Anbieter gegenüber, die dieselben Interessen zu haben scheinen: ein globales Gegengewicht zu Herstellern und Kostenträgern aufzubauen. „Globalhealthandwellbeing“ lautete der Claim von Boots/Walgreens, „GlobalHealthcareLeader“ nennt sich McKesson/Celesio.

Manchmal gibt es einfach Zeiten, in denen Märkte nur eine Richtung zu kennen scheinen. New Economy vor 15 Jahren war so eine Phase: Nur was online war, schien zukunftstauglich. Als die Blase platzte, zogen die Investoren weiter – bis zum nächsten globalen Finanzunfall. Jetzt ist der Pharmahandel an der Reihe. Fünf Jahre nach der Finanzkrise sitzt das Geld locker wie nie zuvor.

Für diejenigen, die solche Entwicklungen nicht nach Umsatz- und Renditechancen bewerten, sondern die tagtäglich mit den konkreten Folgen umgehen müssen, stellt sich die Angelegenheit weit weniger glamourös dar – das zeigt exemplarisch die Situation bei der ehemaligen Anzag: Während in London globalgalaktische Zukunftspläne geschmiedet wurden, fühlte man sich in Frankfurt mit den Problemen alleine gelassen.

Auch die Apotheker werden mit den Auswirkungen leben müssen: Denn auch wenn ausgerechnet der Heimatmarkt von Walgreens, McKesson & Co. bislang nicht vertikalisiert war, sollte man sich keine Illusionen machen: Kein US-Konzern wird den Schritt über den Atlantik wagen, nur um als Großhändler in den Europazentralen der Pharmakonzerne in der Schweiz noch ein paar Euro an Kickback einzusammeln. Das, was die neuen Partner jetzt voneinander lernen, ist das, was man langfristig als Schattenseiten bezeichnen würde.

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