Apotheker verliert PTA an TAD Carolin Bauer, 07.01.2016 14:52 Uhr
Apotheker können empfindlich reagieren, wenn es um ihr Personal geht. Lutz Steinfurth ärgert sich über den Generikahersteller TAD, weil eine seiner PTA ab Februar als Pharmareferentin für die Cuxhavener Krka-Tochter arbeiten wird. Die Berufsanfängerin sei gezielt abgeworben worden, sagt der Inhaber von zwei easy-Apotheken in Nordrhein-Westfalen. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
Im Westen Nordrhein-Westfalens sei es schwierig, Fachkräfte zu finden, sagt Steinfurth. Die 21 Jahre alte Angestellte hatte ihr sechsmonatiges Praktikum in der easy-Apotheke in Heinsberg absolviert und wurde danach übernommen. Die junge Frau sei eine gute und aufgeweckte Mitarbeiterin gewesen. „Ich hatte viel mit ihr vor.“ Die Kündigung sei zwischen den Jahren eingereicht worden. „Ihr bin ich nicht böse“, sagt der Apotheker. Mit den Konditionen von TAD könne er nicht mithalten.
Steinfurth hat den Fall rekonstruiert: Ein Beauftragter der Firma habe an der PTA-Schule in Baesweiler bei Aachen das Berufsbild des Pharmareferenten im ärztlichen Außendienst vorgestellt. Danach sei eine Liste verteilt worden, in die sich interessierte Schülerinnen eintragen sollten. Allerdings habe es geheißen, dass nach der Schule erst etwas Berufserfahrung gesammelt werden müsse, sagt er.
Zum Jahresende habe sich der Hersteller mit einem Angebot an die PTA gewandt. „Die Konditionen liegen weit jenseits der in Apotheken üblichen Entlohnung“, sagt Steinfurth. Die Firma garantiere einen Dienstwagen, sechs Wochen Urlaub, ein Einstiegsgehalt von 3500 Euro brutto und angenehme Arbeitszeiten wie eine 5-Tages-Woche. „Ich zahle schon über Tarif, aber da kann ich nicht mithalten.“ Außerdem habe die Apotheke von 8 bis 20 Uhr geöffnet, auch samstags.
Der Apotheker kritisiert das Vorgehen von TAD: Das Unternehmen solle seine Pharmareferenten selbst ausbilden, sagt er. „Ich muss natürlich damit rechnen, dass ein Apotheker Mitarbeiter abwirbt“, sagt er. Dass ein Lieferant Personal aus der Apotheke hole, sei aber ein Unding. Auch die Praxis mit der Liste im PTA-Seminar kritisiert er: Immerhin werde die Schule finanziell vom Apothekerverband unterstützt. „Ich habe sogar 500 Euro für den Erhalt gespendet.“
TAD weist die Vorwürfe zurück: „Von Abwerbung kann man nicht sprechen“, sagt eine Sprecherin. Den Ablauf in der Schule könne sie nicht beurteilen. TAD arbeite bei der Personalrekrutierung, wie in der Branche üblich, mit professionellen und erfahrenen Dienstleistern zusammen. Die PTA sei von einer Firma vorgeschlagen worden. „Den Rekrutierungsprozess des Dienstleisters können wir nicht beurteilen und haben auch keinen Einfluss darauf.“
Die Antwort sei eine „Frechheit“, sagt Steinfurth. „Sich hinter einem Dienstleister zu verstecken, ist ein Armutszeugnis.“ Die Personalsituation in Apotheken sei so angespannt, dass im vergangenen Jahr ein Kollege seine Filiale in Heinsberg habe schließen müssen, weil er kein Personal gefunden habe. Steinfurth selbst beschäftigt in zwei Apotheken 38 Mitarbeiter, davon zehn PTA.
Der Apotheker kündigte an, keine TAD-Produkte mehr zu empfehlen und die Ware aus der Sichtwahl zu nehmen. „Die Rx-Artikel wurden auf Auslauf gesetzt.“ Im vergangenen Jahr habe er rund 6000 TAD-Packungen abgegeben. Steinfurth hat zahlreiche Kollegen über den Fall informiert. Rund 70 Apotheker hätten sich bereits zurückgemeldet.
Einer davon ist Holger Seyfarth. Der stellvertretenden Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV) kann den Ärger nachvollziehen: Die Abwerbung könne als „Rosinenpickerei“ bezeichnet werden. „Viele Apotheken, so auch wir, gehen mittlerweile sogar so weit, dass die Ausbildungskosten an den PTA-Schulen, immerhin über 10.000 Euro, komplett von der Apotheke übernommen werden.“
Die aktuellen politischen Rahmenbedingungen ließen keinen Spielraum, um den Mitarbeitern attraktive, finanzielle Angebote im Vergleich zur Industrie zu machen, sagt der Inhaber der Arnsburg- und Radilo-Apotheke in Frankfurt. „Wünschenswert wäre es, wenn Firmen wie TAD hier eine etwas sensiblere Vorgehensweise an den Tag legen würden. Ein offenes Gespräch im Vorfeld wäre sicherlich hilfreich gewesen.“