Patentamt: Wann ist eine Apotheke grün? Alexander Müller, 11.01.2019 13:00 Uhr
Apotheker Uwe Riemer könnte sich selbst als grüner Apotheker bezeichnen. Zwar betreibt er am Hamburger Flughafen die Metropolitan Pharmacy und profitiert damit indirekt von der umweltschädlichen Vielfliegerei. Aber in seiner anderen Offizin am Hamburger Stadtrand in Schnelsen setzt er Umweltschutz im Kleinen um: Plastiktüten gibt es schon lange nicht mehr, das Botenauto ist ein Hybrid-Modell. Und die Naturheilkunde ist ein Schwerpunkt der Apogrün Apotheke. Für diesen Namen musste Riemer allerdings kämpfen.
Die Bezeichnung apo-grün meldete Riemer am 15. Juli 2015 beim Patentamt an. Er hielt das für keine große Sache, immerhin ist in der Hansestadt das Konzept Apo-Rot entstanden und gewachsen. In den Antrag für den Eintrag wurde nicht allzu viel Arbeit gesteckt, gibt Riemer unumwunden zu. Das sollte sich rächen.
Ziemlich genau ein Jahr später, am 12. Juli 2016, wies das Patent- und Markenamt die Anmeldung zurück, da die „erforderliche Unterscheidungskraft“ fehle. Im Dezember hatte sich das Amt schriftlich schon kritisch geäußert. „apo“ werde von Verbrauchern als Hinweis auf eine Apotheke verstanden, der Bestandteil „grün“ als Synonym für „ökologisch, umweltbewusst“, der Begriff weise auf nachhaltige, energiesparende und umweltverträgliche Produkte hin. In der Kombination entstehe kein neuer Begriff, der über die Bedeutung der einzelnen Bestandteile hinausgehe.
Jetzt beauftragte Riemer einen auf Markenrecht spezialisierten Fachanwalt. In seiner Beschwerde gegen die Ablehnung verweist er eben auf gängige Kombinationen aus Apo + Farbe als Unterscheidungsmittel. In der Vorstellung der Verbraucher gebe es auch keine umweltfreundlichen, energiesparenden oder nachhaltigen Arzneimittel.
Das Bundespatentgericht gab dem Apotheker im September 2018 recht: Beim Eintrag der Marke kommt es demnach allein auf die Unterscheidungskraft an, wobei ein großzügiger Maßstab angelegt wird. Der Marke apo-grün könne eine solche jedenfalls nicht abgesprochen werden. Auch das Bundespatentamt versteht den Zusatz „grün“ als Hinweis auf Naturheilkunde und Homöopathie – und „apo“ als Apotheke.
Aber: Mit der ungewöhnlichen, mit der Grammatik brechende Wortstellung wurde hier als Kreativleistung anerkannt. Mit den Worten des Patentgerichts: „Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der (Fach)verkehr die angemeldete Begriffskombination ohne weiteres im Sinne des sprachüblichen und grammatikalisch korrekt gebildeten Determinativkompositums „grüne Apotheke“ verstehen wird. Weil „grün“ hier nachgestellt ist, würde man es eher als Farbe verstehen denn als Hinweis auf Nachhaltigkeit.
Apotheker Riemer interessiert sich mehr für das Ergebnis als für den Spielverlauf. Nach anderthalb Jahren hat er den Namen jetzt sicher, für seine Hamburger Apotheke und die Internetseite apogruen.de.