Wunderwaffe Schwarzkümmelöl: Dachte man bislang, gegen Parodontose sei kein Kraut gewachsen, bewies Zahnarzt Ismail Özkanli am vergangenen Dienstag in der „Höhle der Löwen“ das Gegenteil. Für seine Parodont-Creme konnten der Zahnarzt und sein Vater alle Investoren der TV-Show begeistern und ein Invest von 100.000 Euro sichern. Mit der Sendung stieg die Nachfrage nach der Creme – Apotheker müssen ihre Kunden leider enttäuschen. Denn mit den Investoren wurde der Vertriebskanal gewechselt.
Einen Zahnarzt, eine Erkrankung und eine Vision: Mehr brauchte es nicht, um die fünf Löwen zu überzeugen, 100.000 Euro für 30 Prozent Firmenanteile zu investieren. Özkanli leitet in Berlin eine Gemeinschaftspraxis mit sieben Zahnärzten und etwa 120 Patienten pro Tag. Er und seine Kollegen kämpfen täglich gegen Parodontose. In Deutschland leiden etwa 20 Millionen Menschen an der entzündlichen Erkrankung, die mit einem Ablösen des Zahnfleisches vom Zahn einhergeht. Das Problem: Das Zahnfleisch haftet sich nicht wieder an, bislang ist noch kein entsprechendes Produkt auf dem Markt.
„Ich bin Arzt und will den Menschen helfen“, so Özkanli in der Sendung. Mit seinem Ansporn und dem Wissen um die heilende Wirkung des Schwarzkümmelöls begann der Zahnarzt 2004 mit der Entwicklung des Produktes. Ein Jahr später entwickelte er gemeinsam mit einem Apotheker eine Creme. Denn nur das pure Öl aufzutragen, reiche nicht, schließlich müsse das Produkt haften und dürfe nicht einfach weggespült werden. Özkanli behandelte über neun Jahre lang etwa 9000 Patienten mit der Parodont-Creme und brachte das Produkt 2014 in die deutschen Apotheken. Bis dato wurde das Produkt 25.000-mal verkauft, also rein rechnerisch eine Packung pro Apotheke. Zu wenig für die Löwen. Immerhin wurden bislang 150.000 Euro in die Entwicklung investiert.
Think Big, lautet die Devise. Özkanli kann monatlich vier bis fünf Tonnen Schwarzkümmelöl aus Ägypten bekommen. Die Menge reiche, um etwa 1,5 Millionen Tuben herzustellen. Bei einem Produktionspreis von einem Euro ist das fertige Produkt für etwa sieben Euro zu haben. Kein Wunder, dass alle Löwen dem Zahnarzt ein Angebot machten. Carsten Maschmeyer, Dagmar Wöhrl, Judith Williams, Ralf Dümmel und Frank Thelen – für wen würde sich Özkanli entscheiden? Am Ende hieß es: „Kümmel für Dümmel“ und Maschmeyer: Der eine Investor soll der ideale Partner für den Onlinehandel sein, der andere für Teleshopping und Filialen.
Özkanli konnte mit seiner „veganen Allzweckwaffe“ überzeugen. Das Besondere an seinem Öl sind die Qualität und der Herstellungsprozess, der jedoch ein Betriebsgeheimnis ist. Den Rohstoff erhält der Zahnarzt von einem Freund, der das größte Pharmaunternehmen im Nahen Osten leitet und das Öl nur für Özkanli herstellt. Das Gel könne sowohl bei Parodontose als auch bei Herpes, Aphthen oder Druckstellen von Prothesen eingesetzt werden. Zwei- bis dreimal täglich muss das Gel auf das Zahnfleisch aufgetragen und einmassiert werden.
Wirkung bestätigt: Özkanli hat eine Doppelblindstudie durchgeführt. Er behandelte Patienten mit seinem Produkt oder einem gewöhnlichen Schwarzkümmelöl in einem Gel verarbeitet. Im Versuch wurde ein Patient mit beiden Produkten in unterschiedlichen Zahnfleischtaschen behandelt und das Ergebnis von einem Medizinstatistiker ausgewertet – Parodont-Creme war überlegen, Entzündung und Schwellung gingen zurück und das Zahnfleisch legte sich wieder an den Zahn.
Özkanli hat mit seinem Produkt nicht nur das Interesse der Investoren geweckt, sondern auch der Kunden. Parodont-Creme wird in den Apotheken nachgefragt, so auch in Berlin. In der Taxe war die Parodont-Creme aber „außer Vertrieb“ gekennzeichnet, der Nachfolger nicht lieferbar. Ratlose Gesichter vor und hinter dem HV, schließlich erzählte der Zahnarzt in der Sendung, das Produkt sei in den Apotheken erhältlich. Doch offenbar haben die Investoren die Zeit seit der Aufzeichnung genutzt: Pünktlich zur Ausstrahlung war das Gel bei dm und bei Amazon zu finden. Der Naturstoff, der zu einer Rückbildung vorhandener Zahnfleischtaschen und dem Wiederanheften des Zahnfleisches an den Zahn, dem sogenannten Reattachment, führen soll, bleibt den Apotheken vorenthalten.
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