Ovarialkarzinome: Studie zu Babypuder Alexandra Negt, 10.01.2020 11:54 Uhr
Im August 2017 wurde der Konzern Johnson & Johnson (J&J) erstmalig angeklagt, da eine Klägerin die Entstehung ihrer Krebserkrankung mit dem längeren Gebrauch von Talkum-haltigen Babypuder des Unternehmens in Verbindung brachte. Zahlreiche Anklagen folgten – bislang machten mehr als 12.000 Frauen die Anwendung von Talkum verantwortlich für die Entstehung des Eierstockkrebs. Die Auswertung einer großangelegten Kohortenstudie konnte keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Puder und Krebs feststellen.
Forscher werteten die Daten von mehr als 252.000 Frauen aus einer Kohortenstudie aus und kamen zu dem Schluss, dass kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Verwendung von Babypuder auf Talkbasis und Eierstockkrebs besteht. Die meisten untersuchten Risikodifferenzen waren statistisch nicht signifikant. Dagegen stehen einzelne Kleinststudien: Zahlreiche Fall-Kontroll-Studien zeigten stärkere Zusammenhänge zwischen Eierstockkrebs und dem Konsum von Babypuder. Der Harvard-Epidemiologe, Daniel Cramer, hat mehrere Studien dieser Art durchgeführt, die in vielen Rechtsstreitigkeiten verwendet wurden.
2017 bewerteten Richter in New Jersey die Studienlage als lückenhaft und wiesen zwei Klagen gegen das Unternehmen ab. Laut den damaligen Aussagen sei es wissenschaftlich umstritten, ob Talk wirklich Krebs verursacht. Im April 2017 äußerte sich auch das amerikanische Krebsinstitut kritisch: Die Studienlage habe keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen talkhaltigem Puder und Eierstockkrebs aufgezeigt.
Trotzdem musste der US-Konsumgüterriese in einigen Fällen in anderen Bundesstaaten zahlen: Insgesamt wurden in ganz Amerika über 12.000 Klagen vor staatlichen und bundesstaatlichen Gerichten eingereicht. So sprach sich beispielsweise eine Jury in Missouri für die Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe 55 Millionen Dollar (46 Millionen Euro) an eine Frau mit Eierstockkrebs aus. Einer weiteren Klägerin sprach das Gericht 67,5 Millionen Dollar zu (57 Millionen Euro).
Im Frühling 2018 kam es zu einer zweiten Welle an Sammelklagen – vermeintliche Asbestverunreinigungen in Talkum-haltigen Pudern wurden in Zusammenhang mit der Entstehung von Mesotheliomen gebracht. Hierbei handelt es sich um einen diffus wachsenden Tumor, welcher vor allem im Brustfell, dem Herzbeutel und dem Bauchfell vorkommt. Das Pleuramesotheliom ist eine typische Tumorform in Folge einer Asbestose.
J&J-Anwalt Peter Bicks sagte damals, der Konzern untersuche seit den frühen 70er-Jahren, wie man Asbest aus Talk entfernen könnte, sollte es jemals zu Verunreinigungen kommen. Es seien aber niemals Verunreinigungen festgestellt worden, was jahrzehntelange Tests von unabhängigen Laboren und Wissenschaftlern bewiesen. Die Argumentation der Gegenseite bezeichnet er als „Ramsch-Wissenschaft“.
Talkumpuder und Speckstein können Asbest enthalten. Talkum ist ein metamorphes Mineral aus Magnesiumsilikat, das Wasser binden kann. Fein gemahlen wird es aufgrund der angenehmen Konsistenz als Puder verwendet. Die Mineralien, aus denen Talkum produziert wird, können Asbest enthalten. In Deutschland gibt es Vorschriften, dass die die maximale Konzentration 0,1 Prozent betragen darf, dies ist in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) festgelegt. Asbest ist als kanzerogene Substanz eingestuft.