Werbung muss auffallen: Die Agentur McCann hat gemeinsam mit Boehringer Ingelheim ein interaktives City-Light-Poster entwickelt, das Erkältungspräparate vorschlägt, wenn Passanten husten oder niesen. Das Konzept wurde im Frühjahr im Berliner Hauptbahnhof getestet und könnte ab Herbst in die Fläche gehen.
Als Hausagentur von Boehringer hatte man sich bei McCann Gedanken gemacht, wie sich Streuverluste bei der Werbung minimieren lassen. Im Vorabendprogramm würden 70 Prozent Gesunde erreicht, sagt ein Sprecher. Entscheidend sei aber, akut erkrankte Menschen rechtzeitig anzusprechen und ihnen so zu helfen, die eigene Erkrankung zu verkürzen und die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Im Kreativlabor in Frankfurt wurden dann die Techniker um Mark Hollering, Creative Technology Director, erfinderisch: Husten und Niesen seien natürliche Reflexe, die bei jedem Menschen mehr oder weniger gleich seien, so die Überlegung. Basierend auf dieser Erkenntnis wurde ein Algorithmus programmiert, der die Geräuschmuster erkennen und für den „Cold Detector“ verwerten kann.
Mikrofone – Richtmikrofone im Außenbereich, Mikrofone mit Supernieren-Charakteristik in Innenräumen – zeichnen die akustischen Schwingungen aus der Umgebung in einem Radius von 5 Metern auf. Hintergrundgeräusche werden ausgeblendet, eine Software analysiert die Aufnahme auf typische Erkennungsmuster und gibt letztendlich das Resultat über eine Schnittstelle an die Ausgabe weiter.
Für den „Cold Detector“ wurde das Erkennungssystem mit Referenzaufnahmen von Husten- und Niesgeräuschen gefüttert. Erkennt das System entsprechende Muster, wird auf dem digitalen Plakat ein entsprechender Film mit der passenden Medikamentenempfehlung sowie dem Hinweis auf die nächste Apotheke abgespielt.
In Berlin wurde der „Cold Detector“ im März am Hauptbahnhof getestet. Passanten wurden entweder auf Boxagrippal oder Mucosolvan und auf die Apotheke im 1. Obergeschoss hingewiesen. Die Resultate sind positiv, sodass die Agenturgruppe derzeit mit Boehringer über einen Rollout zur nächsten Erkältungssaison im Herbst verhandelt. Dann könnten die „intelligenten“ Plakate an zwei Dutzend weiteren Standorten zum Einsatz kommen. Ziel ist es, möglichst viele Verkehrsknotenpunkte zu bespielen.
Die Agentur verspricht neue, zielgruppenspezifische Möglichkeiten für die OTC-Werbung. Denn beim dem Format müssten Kunden nur dann für die Anzeige zahlen, wenn diese auch tatsächlich ausgespielt werde. Eine breitere Abdeckung vorausgesetzt, seien womöglich anhand statistischer Daten sogar Erkältungswellen zu registrieren.
McCann ist eine Agenturgruppe mit Standorten in Berlin, Frankfurt, Wiesbaden und Düsseldorf. Zum Verbund gehören McCann, MRM//McCann und McCann Health. Zu den Kunden aus dem Pharmabereich gehören unter anderem Hexal, Merck und La Roche-Posay.
Beim „Cold Detector“ waren aus der Agenturleitung Elke Klinkhammer, Johan Ohlson und Jörg Hempelmann beteiligt. Das Creative Technology Unit hatte bereits einen „Cup Loader“ entwickelt, bei dem Kunden ihre Handys am heißen Kaffeebecher aufladen konnten.
Boehringer gehört mit einem Umsatz von rund 320 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) zu den führenden OTC-Herstellern in Deutschland hinter GSK/Novartis, Bayer und Ratiopharm und Kopf an Kopf mit Hexal. In Kürze will der Konzern den Geschäftsbereich gegen Merial, die Veterinärsparte von Sanofi, eintauschen. Das Boehringer-Team soll aber auch nach der Übernahme am Ruder bleiben.
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