Wegen Solvohexal: TV-Spot für Sinupret Patrick Hollstein, 18.10.2016 15:29 Uhr
Bionorica ist ein Phänomen: Ohne Endverbraucherwerbung hat es das Unternehmen aus Neumarkt auf Platz 1 unter den Phytoherstellern geschafft. Doch jetzt hat Hexal zum Angriff auf Sinupret geblasen, das mit Abstand wichtigste Produkt des Herstellers. Um die Konkurrenz auf Abstand zu halten, hat sich Firmenchef Professor Dr. Michael Popp entschieden, einen Millionenbetrag in TV-Werbung zu investieren. Das berichtet PHARMA ADHOC.
Solvohexal kam pünktlich zum Start der Erkältungssaison auf den Markt; das Produkt ist in der Zusammensetzung mit Sinupret forte vergleichbar. Innerhalb von nur drei Wochen hat Hexal nach Schätzungen eine Marktabdeckung von 30 Prozent erreicht.
Der Generikakonzern profitiert dabei von Vereinbarungen mit Versandapotheken und Apothekenkooperationen: Mitglieder von „Gesund leben“ etwa bekamen automatisch sechs Packungen zugeteilt. Zum Abverkauf aus der Apotheke heraus können die Marktforschungsunternehmen derzeit noch keine Zahlen von nennenswertem Umfang liefern.
Doch die Hexal-Maschine läuft: Im November sollen die ersten Anzeigen in Printtiteln erscheinen, aber Dezember soll der TV-Spot zu Solvohexal auf Sendung gehen. OTC-Chef Stefan Walk und sein Team sind fest entschlossen, ihr Produkt mit einer mehr in Richtung Schnupfen gehenden Indikation neben dem Original zu platzieren: Solvohexal wird mit dem Anwendungsgebiet „traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Unterstützung der Schleimlösung bei Erkältungen mit Schnupfen“ vertrieben. Sinupret forte wird laut Zulassung angewendet bei akuten und chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen.
In Neumarkt beobachtet eine eigens eingerichtete Taskforce sehr genau, welche Anstrengungen der Generikakonzern für Solvohexal unternimmt. Zwar hat Bionorica bereits seit 2012 mit Sinupret extract ein doppelt konzentriertes Nachfolgeprodukt auf dem Markt, das mittlerweile mehr Umsatz als Sinupret forte macht und noch bis 2032 patentgeschützt ist. Doch das Familienunternehmen hat viel zu verlieren, denn Sinupret ist die mit Abstand wichtigste Marke: 65 Prozent des Umsatzes in Deutschland entfallen auf das Erkältungsmittel in den unterschiedlichen Stärken und Darreichungsformen.
So hat man sich bei Bionorica nach reiflicher Überlegung entschieden, ab Januar für Sinupret extract ebenfalls im Fernsehen zu werben. Geplant sind Spots im ZDF und bei ProSieben.Sat1. Zunächst ist eine Präsenz für acht Wochen geplant, danach soll über das weitere Vorgehen gesprochen werden.
„Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“, begründet Marketing- und Vertriebsleiter Dr. Jürgen Ott die Maßnahme. Die Kampagne sei keine Abkehr von der bisherigen Strategie, sondern eine zusätzliche Investition, um Ärzte und Apotheker zu unterstützen. Die Heilberufler seien weiterhin die zentralen Ansprechpartner des Unternehmens; Popp hatte sie unlängst sogar als „Sinupret-Botschafter“ bezeichnet.
Im November soll der Spot gedreht werden, über die Inhalte will Ott noch nichts verraten. Es gehe im Video allerdings darum, die spezifischen Vorteile von Sinupret extract herauszuarbeiten. Da man stets an einem bestmöglichen Ergebnis interessiert sei, habe man lange über das Konzept nachgedacht und durch Marktforschung begleitet. Laut Ott ist die TV-Kampagne nicht nur ein Flankenschutz, sondern eine ernst gemeinte Maßnahme.
Bionorica arbeitet bei der Produktion mit der Kölner Agentur MSCN zusammen, die seit Jahren die strategische Markenführung betreut und sich beim Pitch für die TV-Kampagne durchsetzen konnte. Zum Budget macht Ott keine Angaben. Er geht aber davon aus, dass der Spot auch im umkämpften Umfeld auffallen und dass die Botschaft ankommen wird. „Das ist jetzt die Aufgabe unserer Kreativteams.“ Parallel sollen die Aktivitäten im Internet und in den Apotheken intensiviert werden.
Ott weiß, dass sich mit Fernsehwerbung kurzfristig kein Return on investment (ROI) erzielen lässt. Studien hätten gezeigt, dass man dafür mindestens über drei Jahre dabei bleiben müsse. Ob ein derartiges Engagement für Bionorica denkbar ist, kann er noch nicht sagen: „Wir schauen jetzt einmal, was passiert.“
Bionorica kommt traditionell ohne Endverbraucherwerbung aus. Nur rund 12 Prozent der Erlöse werden in Werbung investiert – nicht zu vergleichen mit dem, was andere Hersteller für einen guten Auftritt ihrer Produkte hinlegen. Nur gelegentlich tauchte in der Vergangenheit Sinupret in der breiten Öffentlichkeit auf: Zuletzt hatte sich der Hersteller im Februar bei Bild und Bild.de eingebucht.
Im Fernsehen war Bionorica bislang nur einmal präsent: 2010 warb Felix Magath zwei Wochen lang für die „Vierer-Abwehrkette der Natur“. Popp verliert über die gemeinsame Aktion mit ProSieben.Sat1 nicht mehr allzu viele Worte: Einfach nur Marktanteile hinzuzukaufen, sei ineffizient. „Über die Wissenschaft haben wir zwangsläufig eine viel engere Verbindung zu Ärzten und Apothekern als direkt zu den Patienten.“