OTC-Markt: Klimawandel pusht Antiallergika APOTHEKE ADHOC, 28.02.2019 09:04 Uhr
Der außergewöhnlich lange und sonnenreiche Sommer 2018 hatte erhebliche Auswirkungen auf den Arzneimittelmarkt: Er sorgte für einen Boom bei Antiallergika. Im Frühjahr verdoppelte sich die Nachfrage: Topische Antihistaminika und topische Steroide gehörten somit im letzten Jahr zu den wachstumsstärksten Kategorien im OTC-Markt. Fortgesetzt hat sich auch der Trend zu probiotischen Produkten. Außerdem: Nach Angaben von Iqvia steckten die Hersteller 2018 deutlich mehr Geld in die Werbung für Vitamine und Mineralstoffe.
2018 war laut Iqvia eines der außergewöhnlichsten Wetterjahre der Klimageschichte: erheblich trockener und mit mehr Sonnenstunden und Sonnentagen als im Durchschnitt der letzten Jahre. Die Folgen der Wetterkapriolen lassen sich an den Quartalsergebnissen ablesen. Nach einem nassen, eher milden Jahresbeginn mit einer ungewöhnlich starken Grippewelle im Februar und März folgte der April mit extrem warmen Temperaturen und schlagartig frühsommerlichem Wetter. „Dies brachte einen enormen Wachstumsschub für die Natur und in der Folge eine extreme Belastung für alle Heuschnupfen-Geplagten und Allergiker“, so Iqvia. Heuschnupfenpräparate wurden im April außergewöhnlich stark nachgefragt: Umsatz und Absatz stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um mehr als 100 Prozent. Auch topische Antihistaminika profitierten mit plus 54 Prozent und topische Steroide mit plus 22 Prozent von der sommerlichen Witterung, einer Entwicklung, die sich bis in den Oktober hinein fortsetzte.
Während im dritten Quartal 2018 der Umsatz im gesamten OTC-Markt stagnierte und der Absatz sogar leicht sank, erzielten topische Antihistaminika und topische Steroide immer noch kräftige zweistellige Zuwachsraten. Diese Arzneimittelgruppen gehören damit Iqvia zufolge zu den wachstumsstärksten rezeptfreien Kategorien im Jahr 2018. Auch von Oktober bis Dezember setzte sich die warme, milde Witterung fort, so dass der Start in die Erkältungssaison eher verhalten begann und erst Ende November deutlich anzog.
Dabei entwickelten sich die Vertriebsschienen sehr unterschiedlich: Während im Oktober der Umsatz des Versandhandels im oberen einstelligen Bereich und in der Offizin nur um knapp 1 Prozent stieg, erreichten beide Kanäle in den Folgemonaten November und Dezember einen Zuwachs im mittleren einstelligen Bereich. Die Zahlen bestätigen laut Iqvia damit einen bereits in den letzten Jahren beobachtbaren Trend: Zu Saisonstart erfolgt die Bevorratung der Hausapotheke eher im Versandhandel. Bei Akutbedarf, wenn eine Erkältung einsetzt und sofort ein Medikament benötigt wird, gewinnt die Vor-Ort-Apotheke wieder an Bedeutung.
Insgesamt haben sich 2018 Entwicklungen der vergangenen Jahre fortgesetzt: Der Aufwärtstrend im Markt der Vitamine und Mineralstoffe setzte sich ebenso fort wie für probiotische Produkte. Vitamine und Mineralstoffe legten wieder überdurchschnittlich zu. Der Umsatz stieg um 7 Prozent auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Die Menge erhöhte sich um 5 Prozent auf gut 73 Millionen Packungen. Dabei erzielten Vitamin-B-Produkte die höchsten Zuwachsraten. So verdoppelte sich bei reinen Vitamin-B-Präparaten der Umsatz zwischen 2014 und 2018 fast von 46 auf 81 Millionen Euro, der Absatz nach Packungen von 2,9 auf 4,7 Millionen. Magnesiumpräparate bleiben aber nach wie vor das umsatzstärkste Segment innerhalb der Vitamin-, Mineralstoff- und Nahrungsergänzungspräparate. Ihr Umsatz stieg in 2018 um 10 Prozent auf mehr als 200 Millionen Euro. Wachstumstreiber im OTC-Markt waren zudem neue Darreichungsformen, die auf Convenience und vereinfachte Einnahme zielen.
Laut Iqvia gaben die Hersteller für zielgerichtete Positionierungen ihrer Produkte und bessere Verbraucheransprache im OTC-Markt deutlich mehr Geld aus: Die Ausgaben für Publikumswerbung in Fernsehen, Funk, Publikumszeitschriften oder Tageszeitungen stiegen 2018 um 27 Prozent, wobei vor allem für die Wachstumsmärkte Vitamin B einschließlich Kombinationen und Magnesiumpräparate deutlich mehr ausgegeben wurde. Außerdem verstärkten die Firmen ihre Aktivitäten in den sozialen Medien. Insgesamt gaben die Hersteller für Gesundheit und Pharmazie gut 1,7 Milliarden Euro für Werbung aus.
Zu einem „Megatrend“ haben sich 2018 laut Iqvia probiotische Produkte entwickelt. Der überwiegende Anteil der Produkte verbuchte innerhalb der letzten fünf Jahre jedes Jahr zweistellige Wachstumsraten. 2018 stieg der Umsatz erneut um 13 Prozent. Ende des Jahres kam eine Vielzahl neuer Produkte in die Apotheken – zum einen Präparate für den Verdauungstrakt, zum anderen aber auch Produkte gegen Durchfall, bei Reizdarm und Krampflösung oder im Bereich Immunstimulation gegen Erkältung.
Deutlich zurückhaltender verlief andererseits die Entwicklung im Schmerzmittelmarkt: Bei einer unterdurchschnittlichen Umsatzsteigerung von knapp 2 Prozent stagnierte die Nachfrage. Während im Februar und März 2018 die Grippewelle noch zu einem Absatzanstieg führte, lag die Menge in den Folgemonaten jeweils unter Vorjahr.
Nach einem kontinuierlichen Wachstum in den letzten Jahren hat sich die Nachfrage nach Muskel- und Gelenkschmerzprodukten in 2018 ebenfalls abgeschwächt. Der Umsatz stieg nur noch um knapp 2 Prozent. Der Rückgang betrifft Iqvia zufolge vor allem Wärmepflaster, aber auch Salben und Cremes. Zurückzuführen sei der Rückgang auf die durchgehend eher milde Witterung, im Besonderen aber die heißen Sommermonate, schreiben die Marktanalysten.
Insgesamt stieg im Jahr 2018 der Umsatz mit OTC-Produkten um knapp 5 Prozent auf 9,1 Milliarden Euro. Erneut konnte Versandhandel Marktanteil gewinnen: Er wuchs um 8 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, während der Offizin-Umsatz nur um knapp 4 Prozent auf fast 7,7 Milliarden Euro stieg. Der Versandhandelsanteil erhöhte seinen Marktanteil leicht von 15 auf 16 Prozent.