Spiegel kritisiert OTC-Schleichwerbung APOTHEKE ADHOC, 06.12.2016 12:10 Uhr
Empfehlungen sind das beste Marketing. Laut Spiegel online schießen die OTC-Hersteller dabei aber über das Ziel hinaus: Schleichwerbung für rezeptfreie Arzneimittel sei vor allem bei Frauenzeitschriften gang und gäbe.
Spiegel online hat 13 verschiedene Zeitschriften unter die Lupe genommen. Pro Blatt wurden fünf Ausgaben analysiert. In den untersuchten Heften gab es beispielsweise Artikel zu den Themen Schlafstörungen, Arzneimittel im Vergleich früher & heute, Erkältung, Stress und ähnliches. In den meisten Fällen wurde konkrete Produkte empfohlen.
Auffällig: Wurde ein Produkt genannt, war in zwei von drei Fällen im selben Heft, in einer anderen Ausgabe oder in einem anderen Magazin des jeweiligen Verlags eine passende Produktanzeige zu finden. Laut Spiegel online liegen Bauer- und Funke-Verlag mit 87 Prozent vorn, gefolgt vom Klambt-Verlag mit 82 Prozent. Der Burda-Verlag liegt mit 50 Prozent unter dem Durchschnitt.
Spiegel online zitiert eine Redakteurin des Bauer-Verlags, die bestätigt, dass regelmäßig Produkte gezielt in Artikeln platziert werden. Mitunter buchten Pharmafirmen nur dann Anzeigen, wenn als Gegenleistung ihr Produkt in einem redaktionellen Beitrag erwähnt wird.
Eine andere Vorgehensweise sei die Einladung der Redakteure auf eine Fortbildung in einem luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel. Auf diesen Veranstaltungen würden die Redakteure auf die verschiedenen Produkte geschult, um dann anschließen über diese berichten zu können.
Auf die Nachfrage bekam Spiegel online von den Herstellern keine Stellungnahmen. Lediglich Dr. Willmar Schwabe antwortete kurz, dass bei Veranstaltungen in den Verlagen der Presse vor allem die Ergebnisse neuester Studien zur Verfügung stelle.
Die Verlage hielten sich ebenfalls zurück. Gruner + Jahr antwortete auf Nachfrage gegenüber Spiegel online: „Die Nennung von Produktnamen dient dem Service an unseren Lesern. Unsere Texte entstehen ohne den Einfluss von Dritten.“ Auch Bauer verteidigte sich damit, dass die Leser, welche stark an Gesundheitsthemen interessiert seien, lediglich über Produkte und Dienstleistungen aus diesem Themengebiet informiert würden.
Dass Hersteller für die Empfehlung in Medien oder Blogs bezahlen, ist freilich keine neue Erkenntnis. Unerwähnt bleibt im Beitrag auch, dass Spiegel online vor einem Jahr selbst wegen versteckter Werbung abgemahnt wurde.
Im Ressort Gesundheit hatte „Spiegel online“ unter anderem über „Migräne: Flimmernde Umgebung, hämmernder Schmerz“ berichtet. Ein weiterer Beitrag lautete: „Medikamenteninduziertes Kopfweh: Schmerz durch Schmerzmittel“. Über diesen und weiteren Artikeln hieß es: „Spiegel-online-Inhalt präsentiert von Thomapyrin“. Als Anzeige oder Werbung des Herstellers Boehringer Ingelheim gekennzeichnet waren sie nicht.
Damit hatte die Wettbewerbszentrale ein Problem, da Werbung laut dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht verschleiert werden darf. Dazu zählt, gekaufte Texte als redaktionelle Beiträge darzustellen. Unzulässig ist dies, wenn der Leser einen unabhängigen Beitrag erwartet. Allerdings wurde der Fall in Bad Homburg nicht weiterverfolgt, wohl auch, weil im Beitrag selbst kein Produkt beworben wurde.