OTC-Hersteller profitieren von der Produktplatzierung im Apothekenschaufenster. Regelmäßig rufen sie deshalb zu Dekowettbewerben auf. Dr. Theiss Naturwaren hat im Januar für die Proff-Schmerzcreme eine Aktion gestartet, diese jedoch im März kurzfristig abgesagt. Zwei Apothekenteams in Nordrhein-Westfalen sind verärgert, weil sie wochenlang für das OTC-Produkt geworben hatten.
Die Theiss-Tochter Dolorgiet lobte 1500 Euro für den ersten Platz im Proff-Dekowettbewerb aus. Zweit- und Drittplatzierte sollten 300 beziehungsweise 200 Euro erhalten. Apotheken sollten mit dem Gratis-Dekopaket einen „gelben Blickfang im Schaufenster oder im Innenbereich“ der Apotheke setzen. Fotos der Dekoration sollten bis zum 7. März eingereicht werden.
Die zwei Apotheken von Inhaberin Martina Dammüller in Wipperfürth beteiligten sich. Drei PTA und eine PKA-Auszubildende waren ab Mitte Januar eingespannt. „Wir haben viele Arbeitsstunden investiert“, sagt PTA Sandra Erdmann. Die Angestellten entwarfen unter anderem mit Gipsfiguren eine Vulkanlandschaft. Die Geschichte über die Marke wurde anhand gezeichneter Urzeitmenschen im Comicdesign erzählt.
Als eine Mitarbeiterin Ende März beim Hersteller nach dem Stand des Wettbewerbs gefragt habe, sei dieser bereits abgesagt gewesen. Als Ursache seien rechtliche Gründe sowie das Anti-Korruptionsgesetz genannt worden, so Erdmann. Alle Teilnehmer sollten stattdessen einen Korb mit Lebensmitteln erhalten.
Das Homburger Unternehmen will sich über die Gründe der Absage nicht weiter äußern. Es gebe noch einige offenen Fragen, die derzeit geklärt würden, sagt eine Sprecherin. Aus strafrechtlicher Sicht ist der Wettbewerb unproblematisch. Denn im geplanten Gesetz sollen der Bezug und die Abgabe von Arzneimitteln gestrichen werden, sofern die Mittel nicht unmittelbar beim Arzt angewendet werden. Allerdings könnten Hersteller und Apotheken wettbewerbsrechtlich belangt werden, wenn sie dadurch etwa Produkte des Unternehmens bevorzugt abgeben.
Die Apothekenmitarbeiter fühlen sich von der Absage getäuscht. Der Wettbewerb sei eine Fälschung: „Günstiger kann man ja eine monatelange Werbung in vielen Apotheken nicht bekommen“, so Erdmann. Die Angestellten hatten die Entstehung der Schaufenster-Deko fotografisch begleitet und eine Präsentation an den Hersteller geschickt.
Die Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, da die Apotheke erst im November bei einem Dekowettbewerb der Firma Dr. Liebe den 1. Platz gewonnen habe. Die Absage sei unglaubwürdig, so Dammüller. Im Fall des Herstellers von Pearls & Dents seien Fotos und Artikel von der Übergabe des Preisgeldes veröffentlicht worden. Wäre dieser Vorgang rechtlich bedenklich gewesen, hätte bestimmt jemand geklagt.
Theiss hat zuletzt intensiv in Werbung für Proff investiert. Auch in der Anzeige für den Dekowettbewerb wird auf die „massive TV-Kampagne“ hingewiesen. Schmerzcreme und -gel haben Marktanteile gewonnen und unter anderem bei Doc (Hermes), Voltaren (GSK Consumer) und Kytta (Merck) gewildert.
Insgesamt kam die Creme seit ihrer Einführung im vergangenen Juni auf rund sechs Millionen Euro Umsatz auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP). Der Newcomer trat die Nachfolge der Schmerzsalbe an, die der Hersteller nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG) vom Markt nehmen musste. Außerdem sind unter der Dachmarke ein Gel sowie Schmerzkapseln erhältlich.
Theiss hatte Dolorgiet mit Sitz in St. Augustin bei Bonn vor einem Jahr übernommen. Die 1923 gegründete Firma hatte als erster deutscher Betrieb eine topische Form von Ibuprofen entwickelt. Das Präparat wurde 1982 patentiert und ein Jahr später als Dolgit-Creme auf den Markt gebracht.
APOTHEKE ADHOC Debatte