Drei Apotheker gegen DocMorris Alexander Müller, 02.05.2017 15:16 Uhr
Das Regierungspräsidium Karlsruhe will der niederländischen Versandapotheke DocMorris den Betrieb des Arzneimittel-Automaten in Hüffenhardt verbieten. Doch bis zur gerichtlichen Klärung darf die niederländische Versandapotheke OTC-Arzneimittel an dem Terminal abgeben. Das wollen jetzt drei Apotheker aus der Region verhindern, die mit Unterstützung des Großhändlers Noweda wettbewerbsrechtlich gegen das Projekt vorgehen.
DocMorris hatte am 19. April in der baden-württembergischen Gemeinde Hüffenhardt sein Abgabe-Terminal eröffnet. Zwar ließen die Aufsichtsbehörden den Automaten nach nur 48 Stunden wieder schließen, doch die Klage der Versandapotheke hat aufschiebende Wirkung bezüglich der OTC-Abgabe. Rezepte dürfen am Automaten dagegen weiterhin nicht abgegeben werden.
Das ist drei Apothekern aus der Gegend nicht genug: Sie haben DocMorris für den Betrieb des Terminals abgemahnt und werden die Versandapotheke notfalls verklagen. Eine davon ist Beate Rock, Inhaberin der Rock-Apotheken in Kirchhardt und Bad Rappenau. Sie versorgt Hüffenhardt zusammen mit ihrem Kollegen Gerhard Büttner aus Haßmersheim mit einer Rezeptsammelstelle. Wer sein Rezept oder seinen Bestellzettel bis 11 Uhr vormittags einwirft, wird am selben Tag bis etwa 17 Uhr von pharmazeutischem Fachpersonal einer der beiden Apotheken beliefert.
Daher sieht Rock keinen Bedarf für das Terminal und fordert dessen Schließung. Dagmar Schäfer von der Schildwach-Apotheke in Epfenbach und Thomas Grzesiak, Inhaber der Stadt-Apotheke in Neckarbischofsheim sehen das ebenso. Die drei Pharmazeuten nehmen das Angebot der Noweda in Anspruch – der Großhändler unterstützt aus eigener rechtlicher Überzeugung Mitglieder, die gegen DocMorris-Terminals vorgehen wollen. Eine Frankfurter Kanzlei hat DocMorris im Namen der Apotheker abgemahnt. Sollte die Zur Rose-Tochter die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgeben, geht die Sache vor Gericht.
Die drei Apotheker machen laut einer Mitteilung des Großhändlers Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geltend. Sie sehen in dem Angebot die regionale Arzneimittelversorgung bedroht und damit die Sicherheit der Patienten gefährdet. Auch der Großhändler erkennt in dem Vorgehen von DocMorris „offensichtliche Rechtsverstöße“.
Apotheker Grzesiak geht es nicht um die Konfrontation. Er möchte vor allem Rechtsklarheit. Denn wenn DocMorris Automaten aufstellen dürfe, käme das aus seiner Sicht einem Systemdammbruch gleich. Letztlich müsse die Gesellschaft entscheiden, ob sie eine vollständige Liberalisierung des Gesundheitsmarktes wünsche. „Es gibt aber heute viele Leistungen, die nicht kostendeckend erbracht werden und die müssten eben querfinanziert werden“, so Grzesiak. Mit seinen Apotheken leistet er nach eigenen Angaben alle drei Tage Notdienst.
Dass in Hüffenhardt eine Versorgungslücke zu schließen sei, wie DocMorris argumentiert, kann man auch bei der Noweda nicht nachvollziehen. Zwar gebe es in dem Ort mit rund 2000 Einwohnern keine Apotheke mehr, jedoch versorgten die Rock-Apotheke zur Ludwigs-Saline in Bad Rappenau und die Apotheke Haßmersheim im gleichnamigen Ort die Hüffenhardter Bevölkerung mittels Rezeptsammelstelle. Auch eine Mitarbeiterin der Stadt-Apotheke, die in Hüffenhardt lebt, nimmt auf dem Heimweg regelmäßig Arznei- und Hilfsmittel für die eigenen Kunden mit.
Die drei Apotheker kritisieren, dass DocMorris gegen geltendes Recht Fakten schaffe und aus reinen Profitinteressen die Umsätze der umliegenden Apotheken auf sich ziehe. Das könnte sogar funktionieren, da ein Automat vor Ort kein ausgebildetes Personal benötige, so die Befürchtung der Apotheker. „Dabei sind gerade Landapotheken auf ausreichende Umsätze angewiesen, um die wichtigen, aber nicht gewinnbringenden Gemeinwohlpflichten zu ermöglichen“, so die Erklärung der Pharmazeuten. Sie sehen mittelfristig die Existenz ihrer Apotheken bedroht.
Erschreckend finden sie vor allem die aus ihrer Sicht rücksichtslose Vorgehensweise von DocMorris: „Da werden wirtschaftliche Interessen einfach ohne Rücksicht auf geltendes Recht und bestehende, gut funktionierende Versorgungsstrukturen durchgesetzt. Für DocMorris scheint das hier der Wilde Westen zu sein“, so die Apotheker. „Das können wir nicht zulassen. Wir müssen jetzt für die Interessen unserer Patienten einstehen und handeln.“
Auch die Noweda kritisiert, dass die Schließung von Apotheken für DocMorris ein großer Vorteil sei: „Sind die heute gut funktionierenden Apothekenstrukturen erst einmal unwiederbringlich zerstört, könnte tatsächlich ein Bedarf nach Apotheken-Automaten entstehen, der heute nicht vorhanden ist“, so Noweda-Chef Dr. Michael Kuck.