In den vergangenen Tagen erhielten zahlreiche Apotheken Post von Easy. Man wolle ein interessantes Projekt vorstellen, hieß es darin von den jeweiligen Vertriebsmitarbeitern. Mehr wurde nicht verraten. Vorstandschef Lars Horstmann erklärt, was es damit auf sich hat.
„Neues Projekt in Ihrer Umgebung“, waren die Briefe überschrieben, die für viele Empfänger genauso unverhofft wie nebulös waren. „Wir haben uns intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit wir unser Konzept erweitern können, um auch Sie mit Ihrer Apotheke unterstützen zu können“, hieß es darin. „Dazu haben wir ein neues Projekt entwickelt, das Sie unter Beachtung Ihrer regionalen sowie kundenorientierten Anforderungen dabei unterstützt, aktuelle Marktentwicklungen und Bedürfnisse Ihrer Kunden noch gezielter bedienen zu können.“
Weil er die Apotheke des Adressaten „als möglichen Projektpartner ausfindig gemacht“ habe, bat der jeweilige Regionalleiter in dem Schreiben um einen persönlichen Gesprächstermin, um sich „intensiver über das Vorhaben austauschen“ zu können. Konkreter wurde das Schreiben nicht. Mehrere Empfänger fragten sich, wie sie in den Genuss kommen konnten – zumal sie bereits Mitglied in anderen Kooperationen sind und dort teilweise auch leitende Funktionen übernehmen. Schnell machten die ersten Gerüchte die Runde, etwa dass Easy künftig auch Leistungen für Nichtmitglieder anbieten wolle.
Laut Horstmann wurden insgesamt 600 Apotheken in ganz Deutschland angeschrieben – ja, auch prominente Apotheker seien dabei – und im Übrigen habe man auch prominente Rückmeldungen erhalten. Worum es geht? Um das Projekt „easy Switch“, vulgo den Umbau von bestehenden Standorten in Easy-Apotheken. Ein Novum für das Franchisekonzept, das in der Vergangenheit stets auf Neugründungen gesetzt hatte. Das aber sei aufwändig und teuer, wie der Vorstandschef einräumt.
Kernargumente für den Umbau einer bestehenden Apotheke: Das Ladenbaukonzept führe zu starken Wachstumsraten im OTC- und Freiwahlbereich und damit zu mehr Flächenproduktivität. Gleichzeitig sei der Switch viel einfacher als eine Neugründung, weil das Team ja bereits existiere.
Das Easy-Konzept lasse sich auch beim Umbau kleinerer Apotheken umsetzen, da man unter großen Anstrengungen neben den bisherigen 90er- nun auch 60er-Böden in die Planogramme aufgenommen habe. „Das schafft mehr Vielfalt auf kleinerer Fläche“, so Horstmann. Statt bislang mindestens 110 bis 120 Quadratmetern Offizin genügten nun auch 80 Quadratmeter. „Das schafft ganz neue Potenziale.“
Laut Horstmann ist es ein guter Zeitpunkt, um mit dem neuen Konzept an den Markt zu gehen. Viele Apotheker suchten derzeit Orientierung; entsprechend gut sei auch die Rücklaufquote. Easy sei nicht nur als Konzept für den Abverkauf stark, sondern auch im Einkauf. Mit mehr als 80 Herstellern gebe es Vereinbarungen, sodass die Rückvergütung sogar höher sein könne als die Kooperationsgebühr. „Wenn man gut ist, bekommt man Easy geschenkt“, wie er sagt.
Von Verhandlungen mit dem Großhandel hält er aber nach wie vor nichts, weil er die Apotheken nicht dazu drängen will, bei einem etwa vom Standort her suboptimalen Lieferanten einzukaufen. Vielmehr setzt er auf Services für die Apotheken, etwa was die Personalakquise für die Apotheken angehe: Beim Recruiting habe man eine „Megaquote“: 95 Prozent der ausgeschriebenen Stellen konnten in den vergangenen zwölf Monaten besetzt werden; insgesamt wurden 50 Mitarbeiter, überwiegend Apotheker und PTA, vermittelt.
Und auch im Digitalbereich sieht Horstmann sein Konzept super aufgestellt: Mit dem Angebot des Click & Collect sei Easy marktführend – zu fast allen EDV-Systemen gebe es bereits Schnittstellen, über die die individuellen Sortimente und Preise eingespielt werden könnten. Und das Beste: Beworben würden die Shops mit den bestehenden Werbemitteln, also beispielsweise Flyern oder in den sozialen Medien mit mehr als 140.000 Followern. „Wir brauchen keinen Dritten, der am System mitverdient.“ Auch auf das E-Rezept freut er sich – zumal wenn es mit einer Verfügbarkeitsabfrage ausgestattet wird: Easy-Apotheken seien aufgrund ihres großen Warenlagers bei der Lieferfähigkeit ganz vorne dabei, wie er sagt.
Wer will, kann freilich auch weiterhin eine komplett neue Easy-Apotheke eröffnen; derzeit sind 18 Standorte in der Vermarktung. Zusätzlich zu den 127 bestehenden Easy-Apotheken sind 15 Verträge unterschrieben. Davon sollen zehn Apotheken noch in diesem Jahr eröffnen, vier im kommenden und eine im übernächsten Jahr.
Über die Auswirkungen der Corona-Krise macht er sich noch nicht allzu viele Sorgen: Die meisten Easy-Apotheken seien in der Nachbarschaft von Nahversorgern wie Supermärkten angesiedelt und auch während des Shutdowns noch gut frequentiert gewesen. Natürlich spüre man auch die Einbrüche, aber längst nicht so stark wie in Einkaufsstraßen oder Innenstadtlagen. Und wenn die Kaufkraft dauerhaft nachlässt, könnte nicht dann Easy mit der großen Freiwahl besonders hart getroffen werden? „Die Kaufkraft ist ja im Grunde da, allenfalls die Kauflaune könnte sinken. Das könnte auch uns natürlich treffen, aber noch sehen wir nicht die großen Probleme.“
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