In Stuttgart hat gestern der Prozess im Zusammenhang mit gefälschtem Omeprazol begonnen. Bis Mitte Juni sind mehrere Verhandlungstage anberaumt. Doch womöglich könnte das Verfahren zügig abgeschlossen werden: Der Hauptbeschuldigte Jürgen Andreas J. ist geständig: Er habe „einfach mal antesten“ wollen, ob es möglich sei, ein Arzneimittel vollständig kopieren und in den Markt bringen zu können, sagte er laut Stuttgarter Zeitung zum Auftakt vor dem Landgericht.
Er habe sich gezielt für ein Generikum entschieden, weil es in diesem Bereich mehrere Anbieter gebe. Außerdem sollte von dem Wirkstoff keine Gefahr ausgehen. Er sei selbst schockiert gewesen, wie einfach es gewesen sei, die gefälschte Ware in die legale Lieferkette zu schleusen, sagte J.: Niemand habe Nachweise verlangt.
Je nach Rabattvertrag habe er seine Produktion umstellen müssen, wird J. in dem Beitrag weiter zitiert: „Ich musste auf den Markt reagieren.“ Nach bisherigen Erkenntnissen wurde Omeprazol von Ratiopharm, Hexal und KSK gefälscht; auch Biomo hatte J. bereits ins Visier genommen.
Laut Staatsanwaltschaft hatte J. sich zunächst Primärpackmittel beschafft, bevor er Anfang 2008 bei einem spanischen Lohnhersteller Kapseln mit dem Wirkstoff produzieren ließ. In einer Druckerei wurden Umkartons und Etiketten hergestellt, die dann mit Chargennummern und Verfalldaten versehen wurden. In der Nähe von Hamburg wurde dann – unter Unterschreitung vorgeschriebener Hygienestandards – die Ware konfektioniert. Hier führte Kay J., Bruder des Hauptbeschuldigten, die Aufsicht.
Zwischen Mai 2008 und Februar 2013 sollen in 219 Fällen Fälschungen unter vier verschiedenen Firmenbezeichnungen an Citomed verkauft worden sein. Über den Zwischenhändler aus Bickenbach bei Darmstadt ging die Ware an die Großhändler und weiter an die Apotheken.Insgesamt sollen 600.000 Packungen für mehr als 14,9 Millionen Euro verkauft worden sein.
Viel Geld sei bar geflossen, so die Anklage. Mehr als 14 Millionen Euro sei den 55- und 51-jährigen Beschuldigten zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zugeflossen. Seinem Bruder habe er monatlich 3500 Euro gezahlt, sagte Jürgen Andreas J. laut Stuttgarter Zeitung vor Gericht. Er selbst habe das Geld in einer Weinkiste aufbewahrt und sich nach Bedarf bedient. Kleidung und Reisen habe er sich gegönnt.
Wie viel er ausgegeben habe, könne er nicht sagen. Die rund eine Million Euro teure Weinsammlung mit Flaschen im Wert von bis zu 1000 Euro habe er zum größten Teil schon vorher gehabt. In dem Prozess geht es auch um Schadensersatz: Ratiopharm fordert laut Stuttgarter Zeitung 2,8 Millionen Euro zurück.
Durch sein Geständnis hofft J., das strafrechtliche Verfahren zügig abschließen und möglichst schnell nach Hamburg zu seinen Töchtern und seinem Ziehsohn zurückkehren zu können. Derzeit sitzt der studierte Apotheker in U-Haft in Stuttgart, sein Bruder in Tübingen.
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