„Der Großhandel hat leider nicht geordert“ Nadine Tröbitscher, 28.09.2017 10:40 Uhr
„Löwen schmeißen Apotheken raus“ – eine Schlagzeile, die Dr. Ismail Özkanli, Zahnarzt und Erfinder der Parodont-Creme erstaunt und verärgert hatte. Keinesfalls seien die Apotheken rausgeschmissen worden, sagt er. Dass sie dennoch auf dem Trockenen sitzen und aktuell die Kunden nicht bedienen können, findet auch er ärgerlich. Wer ist schuld an der Misere – Großhändler, Löwen, Mass Market? Was war passiert? Özkanli klärt auf und hat einen großen Wunsch.
„Am liebsten hätte ich ein Display auf dem HV in jeder Apotheke stehen“, träumt Özkanli, der sein Produkt „unbedingt in den Apotheken gelistet“ haben will. Schließlich habe auch ein Apotheker mit seiner galenischen Expertise zu seinem Erfolg beigetragen: Nachdem Versuche mit pur aufgetragenem Schwarzkümmelöl gescheitert waren, da es vom Speichel weggeschwemmt wurde, versorgte ihn der Pharmazeut mit der hydrophoben Grundlage, die das Öl nicht einfach wegspülen ließ. Der Grundstein für Parodont-Creme zur Anwendung bei Parodontose war gelegt.
Özkanli und seine Investoren wurden nach dem TV-Auftritt in der Höhle der Löwen „zum Glück“ überrascht. „Wir hatten mit vielen Bestellungen, aber nicht mit einem so großen Ansturm gerechnet.“ Özkanli hatte sein Produkt bereits 2014 in den Apotheken gelistet. „Das Kosmetikum wurde etwa 1000-mal im Monat verkauft.“ Nach seinem TV-Auftritt sollten es mehr werden.
Die Investoren, so die Abmachung, sollten sich um den Mass Market kümmern, während Özkanli weiter Apotheken, Großhandel und Dentaldepots betreuen sollte. Eine Woche vor der Ausstrahlung trat der Zahnarzt erneut an die Zwischenhändler heran. Er kontaktierte alle Einkaufsleiter der Großhändler, die jedoch nach seinen Angaben entweder gar nicht orderten oder nur kleine Mengen als Display mit Sonderkonditionen. Prozente, Valuta, Kleinmengen waren eine Kombination, die für das kleine Unternehmen nicht zu bewältigen war.
Aber auch ohne Order der Großhändler war Parodont binnen zwei Tagen ausverkauft. „Wir hatten eine bestimmte Menge für den gesamten Handel vorproduziert, die den Bedarf von einem Monat decken sollte. Die Menge reichte aber nur zwei Tage“, erzählt Özkanli. Der Berliner verkaufte 570.000 Tuben in kürzester Zeit, das Zahnfleischpflegegel ist aktuell noch immer ausverkauft. Der Erfolg sei nicht absehbar gewesen und habe ihn selbst überwältigt. Daher nimmt Özkanli den Großhändlern die Zurückhaltung auch nicht übel: „Apotheker und Großhandel liegen mir sehr am Herzen“, versichert der Zahnarzt.
Die Lücke in den Apotheken werde jedoch in den nächsten Tagen gestopft. Gerade hat der Özkanli eine Lieferung erhalten, die an Apotheken und Großhandel verschickt wird. „Wir hoffen, dass wir in kürzester den gesamten Markt wieder voll beliefern können.“
Das Kosmetikum hat in den Apotheken seit 15. September einen Nachfolgeartikel gelistet. Aus Parodont-Creme wurde Parodont-Zahnfleischpflegegel, zugleich änderte sich die Firmierung. So musste auch eine neue PZN von der IfA her. Das alte Produkt war mit „außer Vertrieb“ gelistet, der Nachfolger nicht lieferbar.
Parodont-Zahnfleischpflegegel wurde nach dem zugesagten Invest in zwei unabhängigen Studien untersucht. Zum einen konnte die antibakterielle Wirkung an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und zum anderen Hautverträglichkeit und ein Absenken des Zahnfleichblutungsindexes am Proderm-Institut belegt werden. Im Zuge dessen erfolgte eine kosmetische Sicherheitsbewertung durch den TÜV Rheinland. So ergeben sich für das Produkt die Claims: „antibakteriell“ und „hilfreich bei Parodontose und Zahnfleischbluten“.
Der Berliner Zahnarzt hatte in der Show ein Investment von 100.000 Euro für 30 Prozent der Firmenanteile von Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel erhalten. Özkanli konnte mit seiner „veganen Allzweckwaffe“ überzeugen. Das Gel soll sowohl bei Parodontose, als auch bei Herpes, Aphthen oder Druckstellen von Prothesen eingesetzt werden können. Zwei- bis dreimal täglich muss das Gel auf das Zahnfleisch aufgetragen und einmassiert werden.
Die Wirkung wurde in einer Doppelblindstudie bestätigt: Der Zahnarzt behandelte etwa 200 Zähne einerseits mit seinem Gel oder einem Gel mit ägyptischen Nigella Sativa und zum anderen mit einem Placebo aus unwirksamen türkischem Schwarzkümmelöl. Ein Medizinstatistiker verblindete zuvor die Tuben. Im Ergebnis konnte laut Özkanli eine signifikante Verbesserung in Bezug auf die Zahntaschentiefe verzeichnet werden. Das Zahnfleisch heftete sich an den Zahn wieder an. Özkanli führte zudem eine Langzeitbeobachtung über zehn Jahre an etwa 2000 Patienten durch. Die mechanische Bewegung des Zahnfleisches komme durch die antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung des ägyptischen Schwarzkümmelöls zustande.