„Ohne Ketten keine Einsparungen“

Oesterle: Apotheker als Handelsfachpacker

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Berlin -

Wer kennt noch Fritz Oesterle? Richtig, das war der Mann, der als CEO von Celesio erfolglos versucht hatte, den deutschen Apothekenmarkt zu knacken. Zwölf Jahre nach seinem Abgang meldet er sich pünktlich zum bundesweiten Protesttag der Apotheken zurück. Mit bösartig formulierten Vorschlägen, wie man bei den Apotheken sparen könnte.

In einem Gastbeitrag für das Manager Magazin fordert Oesterle die Politik auf, im Gesundheitswesen härter durchzugreifen: „Immer wieder schreckt die Politik zurück vor den Lobbys in der Branche.“ Stattdessen müssten Finanzminister oder Beitragszahler zunehmend mehr Geld ins System bringen – „auch wenn das langfristig nichts an den Problemen ändert“.

Besser wäre es aus seiner Sicht, mehr Anreize für Einsparungen und Qualität zu schaffen: „Wie wäre es etwa, wenn Apotheken auf freiwilliger Basis einen Teil der Zuzahlung für die Patienten übernehmen würden?“ Laut Oesterle wäre dies ein Schritt zu mehr Wettbewerb unter den Apotheken: „Strukturell könnten die Krankenkassenausgaben dadurch um mehr als eine Milliarde Euro im Jahr entlastet werden.“

Astronomische Kosten für kleinformatige Apotheken

Im Grunde aber sollte aus seiner Sicht endlich der „atomistische Vertrieb“ abgelöst werden durch große Strukturen: Die rund 18.000 überwiegend „kleinformatigen“ Apotheken seien „typisch deutscher Tante-Emma-Vertrieb“ und kosteten „astronomische“ 6 Milliarden Euro pro Jahr. Der „fürs kistchenweise Verteilen an die Apotheken“ zuständige Großhandel koste weitere rund 2,5 Milliarden Euro.

Oesterle spricht sich einerseits für Selbstdispensation aus, einen solchen „kurzen, preisgünstigen Vertriebsweg vom Hersteller über den Arzt zum Patienten“ gebe es bereits bei Tierarzneimitteln. Auch aus Patientensicht wäre es seiner Meinung nach „ein Segen“, Arzneimittel gleich beim Arzt zu erhalten: „Es würde Versorgungsprobleme auf dem Land abfedern, und Apotheken wären gehalten, ihre Existenzberechtigung durch echte pharmazeutische Leistungen nachzuweisen. Dazu gehört nicht primär die Fähigkeit, als Handelsfachpacker ein Produkt zu verkaufen, dessen Namen, Größe und Anwendung jemand (immer noch) auf einem Zettel vorgegeben hat.“

Und dann holt er zum Frontalangriff aus: „Der kleinteilige Vertrieb über Einzelapotheken sichert keine flächendeckende, zeitnahe und patientenfreundliche und auch keine effiziente und damit kostengünstige Versorgung.“ Während es in Städten zu viele Apotheken gebe, fehlten sie oft in ländlichen Regionen. „Betriebswirtschaftlich nötige Apothekengrößen mit flexiblem Personaleinsatz lassen sich – auch wegen des Verbots von Apothekenketten – auf dem Land immer weniger erreichen. Was bleibt, ist die Schließung oder die weitere Selbstausbeutung des Apothekers.“

Gnadenlose Lobbymacht

Metzgereien oder Textilgeschäfte seien längst von anderen Einzelhandelsformaten oder von Amazon & Co. abgelöst worden, ohne dass es darüber Klagen gäbe. „Natürlich wollen Apotheker eine solche Entwicklung nicht. Und damit es nicht geschieht, bemühen sie das angeblich ganz ‚Besondere‘ von Arzneimitteln herauszustreichen und setzen ihre von Politikern gefürchtete Lobbymacht gnadenlos ein. So verhindern sie zu ihrem eigenen Vorteil seit Jahren eine kosteneffiziente und patientenorientierte Arzneimittelversorgung.“

Gerade dort, wo es keine Apotheke mehr gibt, könnte laut Oesterle problemlos der Versandhandel einspringen.Aber das E-Rezept wird aus seiner Sicht blockiert: „Fairer Wettbewerb beim Arzneivertrieb wird bis heute unter dem Deckmantel von Daten- und Gesundheitsschutz zugunsten stationärer Apotheken unterlaufen.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) singe zwar „das hohe Lied der Digitalisierung“, bringe die Digitalisierung aber nicht voran – „obwohl damit endlich auch antiquierte Vertriebsstrukturen angegangen werden könnten“.

Politik muss Mut zeigen

Oesterles Forderung: „Im Gesundheitsbereich müssen sich ineffiziente Anbieter zu größeren Einheiten zusammenfinden, um zu niedrigeren Kosten arbeiten zu können. Tun sie dies nicht, müssen sie ausscheiden. Ohne dieses Grundverständnis wird es die Lauterbach’sche Revolution nicht geben – weder bei der Telemedizin noch bei Arzneimittel und auch nicht im Krankenhaus. Berlin muss hier Mut zeigen, zum Nutzen (fast) aller.“

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