Hexerei oder Handwerk? Um 18 Prozent ist die Noweda im vergangenen
Geschäftsjahr gewachsen. Klammert man die Übernahme des belgischen
Großhändlers CPL aus, bleibt immer noch eine halbe Milliarde Euro, die
sich die Genossenschaft aus Essen einverleibt hat. Damit wurde nicht nur
die Sanacorp abgehängt; auch die Anzag und Gehe wurden überholt. Nun
nimmt Noweda-Chef Wilfried Hollmann Branchenprimus Phoenix ins Visier.
Noch 2007/2008 machte die Noweda 2,5 Milliarden Euro Umsatz, das entsprach einem Marktanteil von knapp 10 Prozent. Innerhalb von vier Jahren kletterten die Erlöse also um 76 Prozent – bei einem Marktwachstum von 12 Prozent. Die Mitgliederzahl stieg immerhin um 28 Prozent von 6500 auf 8400.
Den ersten Wachstumsschub brachte die Übernahme von W. Kapferer. Auf einen Schlag hatte die Noweda den Fuß in den Süden Deutschlands und damit ins Einzugsgebiet der Sanacorp gesetzt. Im Geschäftsjahr 2008/2009 schnellte der Umsatz alleine wegen des Zukaufs um knapp ein Viertel hoch.
Weil Hollmann außerhalb des Stammlandes keine kleinen Brötchen backen will, ließ er prompt die Münchener Kapferer-Niederlassung durch ein modernes Vertriebszentrum ersetzen. Im niedersächsischen Peine wurde komplett neu gebaut.
Und so akquiriert der Außendienst fleißig bei den Kunden der Mitbewerber Umsätze. Geholfen hat dabei zuletzt sicherlich auch das rigide Vorgehen anderer Lieferanten bei der Umstellung der Konditionenmodelle.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnten die Essener ihren Marktanteil von knapp 15 auf knapp 17 Prozent steigern. Noch vor einem Jahr mit der Sanacorp gleichauf, zog die Noweda damit an der Anzag und Gehe vorbei, die es jeweils auf knapp 16 Prozent bringen.
Weil der Markt weniger als 1 Prozent zulegte, gibt es also Verlierer: Die Sanacorp büßte 2011 2,2 Prozent ihrer Erlöse ein, Phoenix knapp 1 Prozent. Gehe lag auf Vorjahresniveau. Bei der Anzag gibt es für den Zeitraum wegen der Umstellung des Geschäftsjahres auf den Turnus von Alliance Boots keine vergleichbaren Geschäftszahlen. Konzernchef Dr. Thomas Trümper will sich Marktanteilsverluste jedenfalls nicht mehr gefallen lassen.
Allerdings lassen sich die Zahlen nur in eingeschränktem Umfang vergleichen. Denn das Geschäftsjahr der Noweda läuft jeweils bis Ende Juni und enthält aktuell also – im Gegensatz zu den Mitbewerbern – bereits die Entwicklungen in den ersten sechs Monaten nach Umstellung der Großhandelsvergütung.
Bei Phoenix dagegen wird sich das Ausmaß der Kundenwanderung erst im nächsten Jahresabschluss niederschlagen. Ende Oktober hat das Management in Mannheim die Prognose kassiert und geht nun von einem Umsatzverlust in Höhe von 5,1 Prozent aus. 340 Millionen Euro weniger wären das, der Marktanteil läge dann erstmals unter 25 Prozent. Vor allem dem Verfolger aus Essen wird der verkürzte Abstand Auftrieb geben.
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