Dr. Michael Kuck, Vorstandsvorsitzender der Noweda, hat in einem Gastbeitrag im Magazin „Focus“ vor den Folgen des Versandhandels mit Medikamenten gewarnt: Steuerausfälle, Leerstände, Staus und Umweltverschmutzung. „Wir alle zahlen einen Preis für Bequemlichkeit und Schnäppchenjagd im Netz“, so Kuck.
Im Wirtschaftsteil auf Seite 60 der Ausgabe Nr. 5 ist Kucks Meinungsbeitrag abgedruckt. Im Inhaltsverzeichnis wird der Text so angekündigt: „Wir brauchen Vor-Ort-Apotheken! Ein Warnruf gegen den Versandhandel mit Medikamenten.“ Dass der herausgebende Burda-Verlag Kuck den Platz für diesen Kommentar einräumt, dürfte auch mit der Kooperation mit der Noweda im Zukunftspakt Apotheke zu tun haben. Denn in der Vergangenheit ist das Blatt auch schon mal kritisch mit den vermeintlichen Privilegien der Zunft umgegangen und hat einer Liberalisierung das Wort geredet. Aus Sicht der Noweda macht sich die Zusammenarbeit also schon bezahlt.
Kuck weist in seinem Beitrag auf das Apothekensterben hin und eben auf die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die der Versandhandel verursache. Und es sei nicht ausgeschlossen, dass es demnächst noch deutlich teurer wird. Denn „industriell geprägte Arzneimittelversender“ aus dem EU-Ausland gingen aggressiv Kunden an, die Vor-Ort-Apotheken seien „Opfer des boomenden Online-Handels“.
Das Argument, der Versandhandel ergänze das Angebot der Apotheken, lässt Kuck nicht gelten: „Umgekehrt ist es richtig: Der Versand entzieht den Apotheken Umsätze, die diese dringend zu Erfüllung ihrer Gemeinwohlpflichten benötigen“, so der Noweda-Chef mit Blick auf die Akutversorgung sowie Nacht- und Notdienste.
Die flächendeckende Versorgung mit Versandapotheken sicherzustellen, ist Kuck zufolge keine Alternative: „Und wer meint, man brauche den Arzneimittelversand für diejenigen, die zu krank oder zu schwach sind, den Weg zur Apotheke zu bewältigen, liegt ebenfalls daneben. Denn so gut wie jede Apotheke betreibt heute einen Botendienst, der Medikamente direkt nach Hause liefert.“ Bis zu 250.000 Mal pro Tag sei das der Fall. „Ohne die Versorgung ernsthaft zu verbessern, trägt der Versand also maßgeblich zur Zerstörung des heutigen Systems der flächendeckenden, wohnortnahen Arzneimittelversorgung bei“, so Kuck.
Wie in der eigenen Noweda-Kampagne macht Kuck darauf aufmerksam, wie viele Apotheken verschwinden: Alle 32 Stunden schließe ein Standort für immer, Tendenz steigend. Dabei seien Apotheken Teil der sozialen Infrastruktur wie Polizei, Schulen und Arztpraxen. Gerade in einer rapide alternden Gesellschaft sollten Apotheken als dezentrale Anlaufstellen geschützt werden, ist Kuck überzeugt.
Der Noweda-Chef kritisiert, dass es trotz einer entsprechenden Ankündigung im Koalitionsvertrag kein Rx-Versandverbot gibt. Abschließend warnt er noch einmal vor den Folgen eines weiteren Rückgangs der Apotheken: „Wenn es ernst wird, ist es ein gutes Gefühl, eine Apotheke in erreichbarer Nähe zu wissen. Ein Gefühl, das für manche bald der Vergangenheit angehören könnte. Wollen wir diesen Preis wirklich zahlen?“
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