Von bis zu 460 Mitarbeiter:innen will sich Noventi im Zuge der Sanierung trennen, die Hälfte davon musste schon im Februar gehen, dazu kamen Eigenkündigungen. Bedingt durch den Stellenabbau steht nun auch das neue Headquarter zur Disposition. Nachdem der Mietvertrag am alten Firmensitz in der Tomannstraße verlängert wurde, will Noventi die vor zwei Jahren bezogene „Macherei“ in München demnächst wieder verlassen.
Erst 2021 hat Noventi die neuen Büroräume im Quartier „Die Macherei“ bezogen und sogar den Hauptsitz des Unternehmens an den repräsentativen Standort in die Berg-am-Laim-Straße 105 verlegt. Andere namhafte Mieter hier sind der Pharmakonzern MSD und Verwaltungseinheiten der Hotelkette Scandic sowie des Discounters Aldi.
Noventi ist in Gebäude M2 untergebracht – als alleiniger Mieter von mehr als 11.000 Quadratmeter Bürofläche. Die benötigt der Apothekendienstleister auf absehbare Zeit nicht mehr und kann oder will sie sich wohl auch nicht mehr leisten. Deswegen steht ein Rückzug an den alten Standort auf dem Programm, über den aber noch nicht endgültig entschieden ist.
Noventi teilte auf Anfrager mit, dass auch eine teilweise Aufgabe in Frage kommt. „Es ist aber genauso möglich, dass wir lediglich einzelne Etagen untervermieten. Zudem machen wir uns Gedanken zu Raumkonzepten und ganz grundsätzlich dazu, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten möchten. Das Homeoffice wird davon ein fester Bestandteil bleiben. Gleichzeitig möchten wir auch den Austausch und die persönliche Zusammenarbeit an allen Standorten stärken“, so ein Sprecher.
Über die alte Immobilie am Tomannweg 6 ist in den vergangenen Monaten besonders viel gesprochen worden. Sie ist nicht so schick wie „Die Macherei“ und steht eher für die „alte Noventi“, was sich nicht zuletzt im VSA-Logo über dem Eingang manifestiert. Das Gebäude ist mehr Firmensitz als Headquarter.
Vor allem aber: Die Immobilie gehört jener B.A.G. Grundstückverwaltungsgesellschaft, an der neben dem Noventi-Eigentümerverein FSA die Apothekerverbände aus Bayern und Baden-Württemberg beteiligt sind. Und die Verbände haben gerade grünes Licht für eine Beleihung des Grundstücks gegeben, damit der FSA Noventi die zur Rettung notwendige Finanzspritze von 20 Millionen Euro verpassen konnte.
Ganz ausgezogen war Noventi ohnehin nie: Im Tomannweg stehen die Scanner für die Rezeptabrechnung, mithin das Herz des Unternehmens. Der Standort hätte laut den alten Vorständen wohl irgendwann aufgegeben und verkauft werden können, wenn sich das E-Rezept endgültig durchgesetzt hätte. Da Noventi nun aber wieder bescheidener werden und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren will, erscheint eine Rückkehr in die alte Immobilie irgendwie passend.
Die Vorstände Mark Böhm und Frank Steimel erklärten unlängst, dass der Mietvertrag mit der B.A.G. verlängert wurde – und zwar zu für die Apotheken günstigen Konditionen. So haftet Noventi selbst für die Instandhaltung und muss alle laufenden Kosten tragen, der FSA und die Apothekerverbände sind freigestellt.
Apropos Mietvertrag: Böhm und Steimel betonten bei der Mitgliederversammlung des LAV BW, bei der über das Darlehen entschieden wurde, dass der Mietvertrag für „Die Macherei“ schon 2019 unterschrieben worden sei – also einige Zeit bevor der Noventi-Aufsichtsrat sich gegen die alten Vorstände Dr. Hermann Sommer und Victor Castro positionierte.
„Die Macherei“ entspricht in ihrer Selbstdarstellung denn auch eher dem Bild, das die Noventi in den vergangenen Jahren von sich hatte: „Sie ist ein Areal für Macher – hier werden Ideen realisiert, Vorhaben angepackt und Dinge in die Tat umgesetzt. Flexible Arbeitsflächen, moderne Einzelhandelsräume, inspirierende Ausstellungsflächen für Kunst und Kultur.“
Allerdings war Noventi nicht nur aus Prestigegründen umgezogen. Im Tomannweg war es schlicht zu eng geworden. Hier muss sich zeigen, wie viele Beschäftigte künftig am Standort München arbeiten werden – und wie. Denn in postpandemischen Zeiten etablierter Homeoffice-Tätigkeit benötigt auch der Apothekendienstleister nicht mehr für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter einen eigenen Schreibtisch. Sorge, dass Noventi aus dem Mietvertrag in der „Macherei“ herauskommt, hat die neue Unternehmensspitze jedenfalls nicht. Dafür ist der Immobilienmarkt in München viel zu umkämpft.
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