Rechenzentren

Noventi: Posten für Ex-Apobank-Chef

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Berlin -

Noventi gehört zu den Hidden Champions im Gesundheitsmarkt. Als Marktführer im Bereich der Rezeptabrechnung und der Apotheken-EDV ist die Unternehmensgruppe in einer Schlüsselposition, was die Digitalisierung angeht. Mit dem Generationswechsel im Management wurden professionelle Konzernstrukturen implementiert. Auf Ebene der Holding wurde eine europäische Aktiongesellschaft gegründet, zum Aufsichtsrat wurde jetzt der ehemalige Vorstandschef der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank), Herbert Pfennig, bestellt. Am Status als apothekereigenes Unternehmen ändert sich nichts.

Noventi geht zurück auf die Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken (VSA), die aus dem 1900 gegründeten „Verein der Apotheker Münchens“ hervorgegangen war. Ab Mitte der 1950er Jahre sammelte die VSA die Rezepte ihrer Mitglieder ein und leitete sie an die Kassen weiter. Im April 1967 lief bei der VSA die bundesweit erste digitale Abrechnung.

Ab Ende der 1990er Jahre wurden die EDV-Anbieter Stahl, CSE und Wabe aufgekauft und 2009 mit Pro Medisoft fusioniert. Später wurde außerdem BoS&S übernommen, ein Softwareanbieter für ambulante Pflegedienste. Auch in der Rezeptabrechnung stellte sich die VSA breiter auf: 2002 wurde das Abrechnungs- und IT-Dienstleistungszentrum für Heilberufe (azh) in Aschheim bei München gekauft, 2005 die Abrechnungsorganisation für Leistungserbringer im Gesundheitswesen (ALG) in Datteln. 2016 übernahm die Gruppe auch das Schweriner Apothekenrechenzentrum (SARZ) und das Schweriner Rechenzentrum für Heilberufe (SRZH).

Um die Erweiterung des Geschäftsmodells sollte auch nach außen hin sichtbar werden, also wurde zunächst die „Verrechnungsstelle“ und „Apotheken“ aus dem Namen gestrichen; die Gruppe trat nur noch unter dem Kürzel VSA auf. Im März 2016 wurden alle Aktivitäten in der neu gegründeten Holding Noventi zusammengeführt.

Nun wurde auf Ebene der Dachgesellschaft eine europäische Aktiengesellschaft (SE) gegründet. Die neue Struktur hat einem Sprecher zufolge damit zu tun, dass die Gruppe sich europäisch breiter aufstellen will. An der Gesellschafterstruktur ändert sich nicht: Einziger Gesellschafter der Noventi-Gruppe ist nach wie vor der Förderungsverein der Süddeutschen Apotheken (FSA), in dem wiederum 5200 Pharmazeuten Mitglied sind.

Im Aufsichtsrat der SE gibt es allerdings einen prominenten Neuzugang: Neben sieben Apothekern, einem Steuerberater, einem Physiotherapeuten und einem Managementberater gehört seit Herbst mit Pfennig kein Geringerer als der ehemalige Apobank-Chef dem Kontrollgremium an. Das ist umso bemerkenswerter, als die Apobank an zwei Rechenzentren beteiligt ist: ARZ Haan und Güldener. Der Markt steht nach Ansicht von Branchenkennern vor Umbrüchen: E-Rezept und strengere Finanzaufsicht – die Rechenzentren übernehmen einen Teil der Vorfinanzierung – werden zu einem Konzentrationsprozess führen.

Im Management gab es zum Jahreswechsel eine weitere Veränderung: Peter Mattis verabschiedete sich in den Ruhestand; er hatte im Juli 1997 die Nachfolge des langjährigen Firmenchefs Dr. Herbert Reber angetreten und die Gruppe bis Ende 2015 gemeinsam mit Dr. Andreas Lacher geführt. An der Spitze der Firmengruppe stehen nun der ehemalige Unternehmensberater Dr. Sven Jansen sowie Dr. Hermann Sommer.

Die Noventi-Gruppe erwirtschaftet Erlöse von rund 150 Millionen Euro. Davon entfallen rund 75 Millionen Euro auf die Rezeptabrechnung, 60 Millionen Euro auf die Apotheken-EDV, 10 Millionen Euro auf die Firma Pharm-A-Team, die sich auf den An- und Verkauf von Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren spezialisiert hat und seit 2015 im medizinischen Fachhandel aktiv ist. Weitere 2 Millionen Euro erwirtschaftet BoS&S mit Pflegesoftware.

17 Milliarden Euro werden pro Jahr über die Rechenzentren der Noventi abgerechnet, Kunden sind neben Apotheken auch Pflegedienste, Physiotherapeuten, Krankentransporte, Orthopädietechniker und Sanitätshäuser. Die VSA rechnet Selektivverträge für die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft ab, die Optikerkette Fielmann gehört zu den Großkunden der ALG. Auch die Retaxfirma GfS gehörte bis vor einigen Jahren offiziell zur VSA.

Insgesamt werden laut Noventi Rezepte von 63 Millionen Versicherten verarbeitet. Jede zweite Apotheke hat eine Geschäftsbeziehung mit einer der 20 Tochterunternehmen der Gruppe. Die Einlagen der FSA-Mitglieder werden mit 12 Prozent gut verzinst; wegen der begrenzten Beteiligung à 300 Euro ist die Ausschüttung aber eher symbolischer Natur. Nur rund 300.000 Euro werden pro Jahr ausgeschüttet, der größte Teil des Gewinns wird investiert oder angespart. Zuletzt belief sich der Gewinnvortrag auf 16 Millionen Euro.

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