Noventi zieht beim Thema Genussscheine einen Schlussstrich: Alle Apothekerinnen und Apotheker, die sich vor zwei Jahren auf das damals stark umworbene Finanzierungsmodell eingelassen haben, können bis 18. Dezember ein entsprechendes Rückkaufangebot annehmen. Gebracht hat ihnen das Engagement zwar nichts, aber immerhin müssen sie keinen Totalverlust hinnehmen.
Vor rund zwei Jahren hatte Noventi bei Apothekerinnen und Apothekern, die Mitglied des Eigentümervereins FSA waren, Geld eingesammelt. In Aussicht gestellt wurde eine „attraktive Partizipationsmöglichkeit am Erfolg von Noventi“: Der Basissatz für die erste Tranche lag bei 4 Prozent, bei Gewinnen von mehr als 15 beziehungsweise 20 Millionen Euro sollte es jeweils einen Prozentpunkt mehr geben. Zum Start konnten mindestens 1000 Euro investiert werden. Später sollten auch Marktpartner zum Zuge kommen.
Doch der Plan ging nicht auf, gerade einmal 2,524 Millionen Euro konnten eingesammelt werden; geplant waren ursprünglich bis zu 80 Millionen Euro. Die weiteren Tranchen wurden daraufhin abgesagt. Kurz darauf rutschte Noventi in eine tiefe finanzielle Krise.
Den Apotheken, die sich auf das Angebot eingelassen hatten, drohte nun eine Hängepartie. Denn die Laufzeit lag bei zehn Jahren, eine Kündigung vor dem 31. Juli 2033 war nicht vorgesehen. Und weil statt Gewinnen plötzlich massive Verluste – 133 Millionen Euro waren es im Jahr 2022 – ausgewiesen werden mussten, drohte der Totalausfall: Kommt es zu einem Bilanzverlust, werden auch Genussscheine herangezogen – im schlimmsten Fall vermindert sich der Rückzahlungsbetrag auf Null.
Genau dieser Worst Case trat bei Noventi auch ein: Vor einem Jahr setzte das Management den Nennbetrag der Genussscheine auf Null herab. Dazu hieß es trocken: „Die Genussscheine haben am Verlust im Geschäftsjahr 2022 vollumfänglich partizipiert und wurden entsprechend im Zuge des Jahresabschlusses 2022 auf 0 Euro herabgesetzt.“
Zwar wurde erklärt, dass im Falle von Gewinnen auch wieder ein Wertzuwachs und womöglich sogar Ausschüttungen möglich wären. Aber es könne eben auch passieren, dass bis zum Ende der Vertragslaufzeit keine Besserung eintrete. „Die Verlustteilnahme ist ein vertraglich vorgesehenes und eindeutig vereinbartes Risiko dieser Anlageform. Ein Kündigungsrecht besteht deswegen nicht.“
Bei Noventi freut man sich, dass die Apothekerinnen und Apotheker wenigstens ihr eingesetztes Geld zurückerhalten: „Im Zuge der vergangenen, bekannten Entwicklungen und nötigen Bilanzkorrekturen haben sich leider auch die Genussscheine anders entwickelt als geplant“, sagte eine Sprecherin. „Wie bereits verkündet, mussten die Genussscheine auf null herabgesetzt werden. Als apothekereigenes Unternehmen ist es uns aber sehr wichtig, dass die Inhaberinnen und Inhaber der Genussscheine ihr investiertes Kapital trotzdem zurückerhalten.“
Aufgrund der positiven Entwicklung innerhalb der vergangenen zwei Jahre sei dies jetzt möglich. „Daher freuen wir uns gemeinsam mit unserem Eigentümerverein FSA, dass die Inhaberinnen und Inhaber der Genussscheine nun ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten. Dies ist ein weiteres positives Zeichen für die geplante und positive Gesamtentwicklung von Noventi.“
Jetzt kann Entwarnung gegeben werden: Noventi bietet allen Inhaberinnen und Inhabern den Rückkauf aller ausstehenden Genussscheine an, und zwar zum Kaufpreis von 1000 Euro. Entgangene Ausschüttungen werden nicht nachgezahlt, bis zum 13. Dezember soll die Transaktion abgeschlossen sein.
Zur Begründung heißt es: „Trotz der positiven Entwicklung von Noventi zeigen die derzeitigen Planungen, dass es auch in den kommenden Jahren keine Gewinnausschüttungen für die Genussscheine geben wird. Mit dem Rückkaufangebot möchte das Unternehmen den Inhaberinnen und Inhabern der Genussscheine die Möglichkeit bieten, das ursprünglich eingesetzte Kapital vollständig zurückzuerhalten. Von der Gesellschaft zurückgekaufte Genussscheine werden entwertet und nicht erneut ausgegeben oder verkauft.“
Die Rückzahlung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Noventi seine Finanzen neu sortieren muss. Im kommenden Jahr steht die Refinanzierung des Anfang 2023 verlängerten Konsortialkredits an. Für knapp 1,2 Milliarden Euro müssen bis Ende 2025 wieder Geldgeber gefunden werden.