Sanierungsprogramm

Noventi entlässt bis zu 460 Mitarbeiter:innen Alexander Müller, 10.01.2023 12:54 Uhr

Noventi streicht hunderte Stellen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Bei Noventi steht nach Informationen von APOTHEKE ADHOC ein immenser personeller Kahlschlag an: Bis zu 460 Mitarbeiter:innen sollen das Unternehmen verlassen – allerdings wurden mit dem Betriebsrat Auffangmaßnahmen vereinbart. Und bei der Warenwirtschaft wird Noventi nur noch auf Prokas und AwintaOne setzen. Jump, Pharmasoft und Infopharm sollen nach Möglichkeit verkauft werden. Offenbar haben die Banken Druck in Richtung einer Sanierung des Unternehmens gemacht.

Das Konzept „Fokussierung 2025“ wurde heute von Vorstand und Betriebsrat gemeinsam vorgestellt. Damit will sich Noventi „wirtschaftlich rentabel, zukunftssicher und wettbewerbsfähig aufstellen“, heißt es in einem Schreiben an die Belegschaft.

Die Belegschaft wurde am Mittag in einem sogenannten „Townhall-Meeting“ über die Sanierungspläne informiert. Per E-Mail wurden in der Folge die betroffenen Mitarbeiter:innen in Kenntnis gesetzt. Bis zu 460 Personen sollen von den Maßnahmen betroffen sein – knapp ein Fünftel der Belegschaft.

Transfergesellschaft gegründet

Wer nicht mehr in der Probezeit ist, soll ein Angebot für den Eintritt in eine Transfergesellschaft oder ein Aufhebungsangebot erhalten. Laut einer Gesamtvertriebsvereinbarung, die mit den Betriebsräten geschlossen wurde, können die Angestellten hier ein neues Beschäftigungsverhältnis eingehen, das auf sechs bis zwölf Monate befristet ist. Sie bekommen 80 Prozent ihrer Bezüge ohne Arbeitsauftrag. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit der Weiterbildung. Zudem wird den Gekündigten eine erhöhte Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt sowie eine rechtliche Erstberatung.

„Dramatische Situation“ bei Noventi

Der Betriebsratsvorsitzende Detlef Kays kommentiert gegenüber den Kolleg:innen: „Ihr könnt sicher sein, dass uns die beschriebene Situation ebenfalls sehr ernüchtert und mitnimmt. Unser Arbeitgeber hat uns die dramatische Situation, in der wir stecken, dargestellt und die Notwendigkeit erklärt, Einnahmen zu steigern und Ausgaben, also Kosten, zu senken, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern.“ Als letztmögliches Mittel seien daher Einsparungen durch die Verringerung des Personalbestandes unumgänglich gewesen, die den größten Kostenblock ausmachten.

Noventi hat sich selbst acht Leitsätze gegeben, nach denen der Umbau erfolgen soll: Dazu zählen die Fokussierung auf das Kerngeschäft, „unwirtschaftliche Produkte, Projekte und Beteiligungen“ sollen konsequent eingestellt werden. Die Prozess-Struktur und Aufsicht soll so gestaltet werden, „dass es keine Allein-Entscheidungen mehr geben kann“. Investiert werden soll trotzdem weiter, „aber zielgerichtet und mit kaufmännischer Vernunft“. Außerdem will Noventi „in engem Schulterschluss mit den Verbänden“ arbeiten.

Banken sagen Finanzierung zu

Entlastung gab es auf Bankenseite: „Wir konnten uns vorzeitig eine Finanzierungszusage für unseren Konsortialkredit sichern“, schreibt die Noventi-Spitze. Die Liquidität sei damit für die Jahre 2023 bis 2025 geplant und abgesichert. Die Rezeptabrechnung sei „zu jeder Zeit und ausnahmslos sichergestellt“. Das Vertrauen der Banken habe man sich „in den vergangenen Monaten erst wieder erarbeiten“ müssen. Aus der Notwendigkeit des Sparprogramms wird in diesem Zusammenhang kein Hehl gemacht. Auch die Führungsebene soll von 22 auf 11 Personen halbiert werden.

Noventi plant nicht nur einen radikalen Stellenabbau, sondern will sich im Zuge der Restrukturierung auch von drei Softwarelinien trennen: Jump, Pharmasoft und Infopharm werden nicht weiterentwickelt und sollen nach Möglichkeit verkauft werden.