OTC-Hersteller

Novartis steigt bei GSK aus Gabriele Hoberg, 27.03.2018 09:10 Uhr

Berlin - 

Novartis und GlaxoSmithKline (GSK) gehen wieder getrennte Wege. Der Schweizer Pharmakonzern verkauft seinen 36,5-prozentigen Anteil am gemeinsamen OTC-Geschäft für 13 Milliarden US-Dollar an den bisherigen Partner. Das Joint Venture entwickle sich gut, doch jetzt sei der richtige Zeitpunkt, den Anteil für einen attraktiven Preis zu veräußern, sagte Novartis-Chef Vas Narasimhan. Den Verkaufserlös soll unter anderem für Zukäufe genutzt werden.

Das Joint Venture war Teil eines 18,5 Milliarden Dollar schweren Tauschdeals, den die beiden Konzerne 2015 abgeschlossen hatten: GSK gab damals seine Onkologiesparte für 16 Milliarden Dollar an Novartis ab und bekam dafür das Impfstoffgeschäft der Schweizer – ohne Grippemittel, die an Seqirus gingen – im Wert von 7,1 Milliarden Dollar. Damit war der Weg frei für das gemeinsame Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten.

Sofern die GSK-Aktionäre zustimmen und die erforderlichen Genehmigungen vorliegen, soll die Trennung bis Mitte 2018 abgeschlossen sein. Die Briten rechnen damit, dass die Komplettübernahme schon im laufenden Jahr zu ihrem bereinigten Gewinn beiträgt. Um das Vorhaben zu finanzieren, stellt GSK Teile seines Nahrungsmittelgeschäfts wie dem Malzdrink „Horlicks“ sowie die Beteiligung an der indischen Tochter auf den Prüfstand.

Novartis hatte GSK beim Zusammenschluss derart viele Zugeständnisse gemacht, dass der endgültige Ausstieg von Anfang an beschlossene Sache zu sein schien. Das Gemeinschaftsunternehmen trägt den Namen GSK Consumer Healthcare; GSK bekam sieben Sitze im Vorstand, Novartis vier. Die Verteilung reflektierte die unterschiedlichen Umsätze, die die beiden Konzerne einbrachten: Novartis erzielte vor dem Deal 2,9 Milliarden Dollar mit OTC-Produkten, GSK umgerechnet 8,1 Milliarden Dollar.

Zwar gibt es in der Branche bereits ähnliche Konstellationen. Teva und Procter & Gamble etwa haben ihre OTC-Bereiche schon vor Jahren in ein Joint Venture eingebracht. Doch während die beiden Konkurrenten 50:50 geteilt haben, war der Zusammenschluss mit GSK für Novartis faktisch nicht mehr als eine Finanzbeteiligung, allenfalls in Verbindung mit einer Einbindung als Lohnhersteller.

Und so hatten die beiden Partner definierte Ausstiegsklauseln vereinbart. Drei Jahre nach dem Abschluss der Transaktion konnte Novartis erstmals GSK seine Anteile anbieten – anteilig oder komplett. Danach wären 27 Jahre Zeit gewesen, das Geschäft endgültig über die Bühne zu bringen, wobei GSK im Abstand von mindestens 18 Monaten je 7,5 Prozent hätten übernehmen müssen. Den jeweiligen Preis sollten externe Gutachter bestimmen. Doch Novartis hat die erste Gelegenheit genutzt.

Wichtige Apothekenprodukte von GSK sind Novartis, Fenistil, Lamisil, Otriven, Nicotinell und Lemocin sowie Chlorhexamed, Zovirax und Cetebe. Im Bereich Mundhygiene ist der Konzern mit Marken wie Dr. Best, Corega, Odol/Odel-med3, Parodontax und Sensodyne auch im Mass Market sehr gut aufgestellt.

GSK ist weltweiter Marktführer im OTC-Geschäft. Bayer folgt seit der Übernahme der Consumer-Sparte von Merck & Co. auf Rang 2. Sanofi löste mit dem Tausch seiner Veterinärsparte Merial gegen das OTC-Geschäft von Boehringer den US-Konzern Johnson & Johnson (J&J) als Nummer 3 ab.

Die Strategien sind unterschiedlich. Wie GSK setzt auch Bayer auf globale Megabrands: „Wir wollen uns bei Consumer Health auf globale Marken konzentrieren, die in ihren jeweiligen Kategorien führend sind und differenzierte, auf die jeweiligen lokalen Märkte zugeschnittene Markenstrategien implementieren“, erklärte Konzernchef Werner Baumann vor zwei Jahren vor Investoren. Im Fokus stünden dabei Schlüsselmärkte wie die USA, China, Brasilien und Russland.

Sanofi versprach dagegen im Vorfeld des Tauschgeschäfts mit Boehringer, Mitarbeiter und kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen und zu schützen. Oft arbeiteten die Teams vor Ort schneller und effizienter, wen man ihnen keine Konzernregeln überstülpe, so Vincent Warnery, Senior Vice President Global Consumer Health Care Division. „Wir sind nicht besessen von globalen Marken.“

Auch bei Johnson & Johnson (J&J) geht es nach den Worten von Birgit Schuhbauer, Global Vice President Strategic Marketing OTC, nicht immer um den ganz großen Wurf: Mitunter seien bei Zukäufen strategische Erwägungen mit Blick auf die regionale Präsenz und das Portfolio ausschlaggebend. Man dürfe auch kleinere Deals nicht unterschätzen, denn mitunter entstünden aus kleineren Zukäufen auch globale Marken. Schuhbauer nannte o.b. und Neutrogena als Beispiele.

So ist der Trend zur Konsolidierung erst einmal abgeebbt. Pfizer kassierte für seine OTC-Sparte eine Absage nach der anderen, potenzielle Kunden sind an Marken wie Thermacare und Vitasprint offenbar nicht interessiert. Zuletzt sprangen Reckitt Benckiser (RB) und GSK ab, andere Konzerne wie Sanofi, Nestlé und J&J hatten schon vorher abgewunken. Dabei gehört Pfizer mit OTC-Umsätzen von 3,4 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr zu den weltweit größten Anbietern.

Auch der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck versucht bislang vergeblich, sein Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten loszuwerden. Merck hatte im Herbst sein OTC-Geschäft zur Disposition gestellt und will sich stattdessen auf seine Pharmasparte mit neuen Mitteln wie dem Krebsmedikament Bavencio und der MS-Tablette Cladribin konzentrieren. Doch auch hier gab es bislang nur Absagen.