Ein Dreivierteljahr hat es gedauert, bis die Wettbewerbsbehörden in allen EU-Ländern die Unterlagen geprüft hatten. Jetzt ist klar: GlaxoSmithKline (GSK) und Novartis dürfen ihr OTC-Geschäft zusammenlegen. Im OTC-Bereich muss sich der neue Platzhirsch allerdings von einigen Marken trennen, die zum Teil auch in deutschen Apotheken stehen. Personelle Veränderungen gibt es noch nicht.
Die EU-Kommission hatte Bedenken angemeldet, dass das neue Gemeinschaftsunternehmen bei Produkten zur Raucherentwöhnung sowie Mitteln gegen Lippenherpes und Analgetika eine allzu große Marktmacht bekommen könnte: „In dem neuen Unternehmen würden wichtige Markenprodukte zusammengeführt, was für die Verbraucher Preiserhöhungen zur Folge haben könnte“, heißt es in der Stellungnahme.
Daher haben sich die Konzerne verpflichtet, mehrere Geschäftsbereiche zu veräußern. Hierzulande betroffen sind NiQutin und Penicivir. Das Nikotinersatzpräparat von GSK ist mit einem Marktanteil von 4 Prozent in Deutschland vergleichsweise unbedeutend und stand zuletzt auch nicht mehr im Fokus der Vertriebsaktivitäten. Stattdessen setzen die beiden Konzerne künftig ganz auf Nicotinell. Das Novartis-Produkt hat einen Anteil von rund 35 Prozent im deutschen Markt und ist damit die Nummer 2 hinter Nicorette (Johnson & Johnson, J&J) mit rund 60 Prozent.
Zovirax und Pencivir liegen Kopf an Kopf mit jeweils rund 30 Prozent Marktanteil. Abgeschlagen folgen Aciclostad sowie Aciclovir Ratiopharm und Lomaherpan mit knapp zwei- beziehungsweise einstelligen Marktanteilen. Obwohl sich das Novartis-Produkt zuletzt gut entwickelt hat, hält GSK an dem hauseigenen Originalpräparat fest. So gesehen war es vielleicht ganz hilfreich, dass der Schweizer Konzern die Dachmarke Fenistil bei seinem Herpesmittel wieder ablegen musste. Aktuell wird sogar das Hydrocortison-haltige Produkt umbenannt in Fenihydrocort.
Noch nicht entschieden ist, wie das Joint Venture organisatorisch und damit auch personell aufgestellt sein wird. Vor dem endgültigen Abschluss der Transaktion wird es keine Entscheidungen dazu geben. In München ist Frank Hauerken für das OTC-Geschäft von Novartis für Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig; Vertriebsleiter ist Stefan Walk, für das Marketing ist Nicole Kettenus-Schwarz zuständig.
Dagegen gibt es bei GSK seit 2011 den Großraum Nordwesteuropa, zu dem neben dem deutschsprachigen Raum die Benelux-Länder und Skandinavien gehören. Den Hut hat in Hamburg Anton van de Putte auf, der wie Hauerken Anfang der 2000er Jahre für Unilever gearbeitet hatte. Produktmanagement und Marketing sind ebenfalls überregional strukturiert: Das Marketing für den Bereich Oral Health leitet Pauline Silverman, für alle anderen Produkte ist Misel Ahom zuständig.
Die Vertriebsleitung für den deutschsprachigen Raum liegt bei van de Putte; den Apothekenaußendienst leitet Christoph Hinnenberg, für den Mass Market ist Björn Schwarz zuständig.
Mit einem Umsatz von rund 200 Millionen Euro ist Novartis nach Bayer und Ratiopharm die Nummer 3 im deutschen OTC-Markt, vor Klosterfrau, Stada, Boehringer, Hexal, Schabe und J&J. 56 Prozent der Erlöse werden mit Voltaren-Produkten erwirtschaftet, andere Marken sind Fenistil, Lamisil, Otriven, Lemocin, Rhinomer, Omniflora, Venoruton, Sweatosan, NeoTussal, Döderlein, Importal, Privin und Tavegil. Insgesamt beschäftigt Novartis in diesem Bereich rund 200 Mitarbeiter, davon sind 70 im Außendienst tätig.
GSK erlöst hierzulande mit Consumer-Produkten rund 350 Millionen Euro. Der größte Teil entfällt allerdings auf Mundspüllösungen sowie Zahnpasten und -bürsten: Mit Marken wie Chlorhexamed und Corsodyl (Apotheke) sowie Dr. Best, Corega, Odol/Odel-med3, Parodontax und Sensodyne kommt der britische Konzern auf einen Marktanteil von rund 25 Prozent im Bereich der Mundhygiene.
Das OTC-Geschäft in der Apotheke ist nach dem Verkauf verschiedener nur regional bedeutender Marken an Omega auf rund 60 Millionen Euro eingebrochen, von denen die Hälfte auf Chlorhexamed entfällt. Rund 550 Mitarbeiter sind im Bereich Consumer tätig.
Weltweit ist das neue Gemeinschaftsunternehmen mit einem Umsatz von 10 Milliarden US-Dollar künftig die Nummer 1 im OTC-Geschäft vor Bayer mit 7,4 Milliarden Dollar sowie J&J. Mehr als die Hälfte des Geschäfts entfällt auf Marken mit Erlösen von jeweils mehr als 300 Millionen Dollar.
Das Joint Venture soll unter dem Namen GSK Consumer Healthcare firmieren, die Leitung soll Emma Walmsley übernehmen, die 2010 von L'Oréal zu GSK gekommen war und seitdem das Consumer-Geschäft des Konzerns verantwortet.
Bei Novartis leitet bislang Brian McNamara die entsprechende Sparte. Der schweizerische Pharmakonzern wird zunächst 36,5 Prozent der Anteile halten und könnte sich irgendwann zu vereinbarten Konditionen ganz aus dem Geschäft zurückziehen.
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