Video-Appell an Muttertag

Notdienst-Apothekerin: Herr Jauch, wo sind ihre Versandapotheken?

, Uhr
Berlin -

Die Werbepartnerschaft zwischen TV-Promi Günther Jauch und der niederländischen Shop Apotheke hat bei vielen Inhaber:innen Unverständnis hervorgerufen. Apothekerin Christiane Patzelt brachte es während ihres gestrigen Notdienstes auf den Punkt: Während sie am Muttertag zahlreichen Familien helfen konnte, haben die von Prominenten gelobten Versandapotheken geschlossen.

Die Apotheke am Mädchenviertel in Hohen Neuendorf ist für Muttertag mit Notdienst an der Reihe. Patzelt ist vor Ort und nimmt sich die Zeit für einen Beitrag bei Instagram. In einem Video spricht sie dabei gezielt Jauch, Ruth Moschner und Christian Ulmen mit seiner Frau Collien Ulmen-Fernandes an. Alle vier machen seit kurzem TV-Werbung für Versandapotheken.

Über 30 Familien notversorgt

„Hallo Günther Jauch, hallo Ruth Moschner, hallo liebe Familie Ulmen“, sagt die Apothekerin und stellt sich vor. „Heute ist Muttertag, Sonntag und ich bin seit 8 Uhr dienstbereit in meiner Apotheke“, fügt sie hinzu. „In der Zwischenzeit habe ich über 30 Familien notversorgt. Jetzt frage ich mich, wo am Sonntag eure tollen, superschnellen Versandapotheken so hin sind? Lasst mich raten: Sie sind geschlossen.“ Danach folgt ein eindringlicher Blick, der keine Widerworte mehr zulässt.

Danach richtet sich die Apothekerin in ihrem Video an ihre Kundschaft: „Liebe Patienten, liebe Kunden, sie machen es genau richtig. Sie besuchen ihre Apotheken vor Ort, damit wir 24 Stunden, sieben Tage die Woche für sie da sein können. Auch an einem so schönen Tag wie dem heutigen.“ Am Ende wünscht die Apothekerin ihren Zuschauer:innen einen schönen Muttertag.

 

Patzelt spielt auf die neuesten TV-Kampagnen von Shop Apotheke und Apodiscounter an. Für Shop Apotheke etwa werben Jauch und das Ehepaar Ulmen-Fernandes. In zwei TV-Spots auf reichweitenstarken Sendern wie ARD, ZDF, RTL, RTL2, Pro7 und Sky sowie online in 20- und 25-Sekündern loben sie Shop Apotheke in höchsten Tönen. Moschner wird in der größten Werbekampagne in der Unternehmensgeschichte der Apo.com Group als blitzschnelle Superheldin inszeniert.

Genau diese Werbung brachte für Patzelt den Anstoß, ein Video über die tatsächliche Versorgungslage insbesondere an den Wochenenden zu drehen. „Mir hat das gestern sehr auf der Seele gebrannt, ich dachte, wo ist Ruth Moschner mit ihrem Anzug“, so die Apothekerin. Denn an Muttertag seien viele Familien mit kranken Kindern in die Apotheke gekommen. So viele, dass sogar Präparate gegen Durchfall, Elektrolytlösungen oder Schmerz- und Fieber- sowie Antibiotikasäfte leer gekauft wurden. „Ich habe mittags meinen Mann gebeten, dass er mir aus der anderen Apotheke Nachschub holt.“

Vor-Ort-Apotheke kann schnell versorgen

Auf genau diese schnelle Arzneimittelversorgung vor Ort will Patzelt hinweisen. „Ich bin kein Freund des erhobenen Zeigefingers, will nicht schimpfen, sondern Menschen begeistern. Es war toll, dass er mir geholfen hat, sonst hätte ich manche nicht versorgen können.“ Genau diese Leistung könne keine Versandapotheke bringen. „Wenn ich Notdienst habe, habe ich hier meine zwei großen Arzneimittellager. Die Menschen müssen begreifen, dass diese Vorräte vor Ort wegfallen, wenn sie online bestellen und in der Folge Apotheken schließen müssen.“

Die Werbepartnerschaft etwa von Jauch, der die Shop Apotheke lobt, sei natürlich seine private Entscheidung. „Aber er ist auch eine Person des öffentlichen Lebens“, sagt Patzelt. „Wir sind nicht so famos wie Jauch und Moschner.“

Auch viele andere Kolleg:innen kritisierten, dass der „Wer wird Millionär“-Moderator für den Holland-Versender wirbt. Ein Berliner Apotheker schrieb Jauch deshalb direkt an. „Mir ging es in der Mail darum, ihn etwas für die Situation zu sensibilisieren“, sagt er. Er erhielt auch eine Antwort, deren Inhalt er jedoch nicht verraten will. „Wenn ich Herrn Jauch das Thema ein wenig breiter schildern konnte, ist für mich schon etwas erreicht. Seine Antwort an mich zeugte durchaus von einer Auseinandersetzung mit diesen Argumenten.“

Offiziell schweigt Jauch lieber zur Werbepartnerschaft. Dazu sei „im Moment kein Statement von Herrn Jauch vorgesehen“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick
Apothekenpläne: Muttis meutern bei dm
Kampagnenmotiv für Apotheken
Noventi verschickt Weihnachtsplakate

APOTHEKE ADHOC Debatte