Pohl-Boskamp feiert 100 Jahre Akutnitrat

Nitrolingual: Alles begann mit einer Kapsel

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Berlin -

Als der Apotheker Kurt Boskamp vor 100 Jahren eine Gelatinekapsel mit Nitroglycerin entwickelte, gab er ihr den Markennamen Nitrolingual. Bis heute hat sich das Medikament von Pohl-Boskamp zur Behandlung koronarer Herzkrankheiten durchgesetzt. Das Familienunternehmen aus Hohenlockstedt feierte das Jubiläum unter anderem mit zahlreichen prominenten Gästen wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Firmenchefin Marianne Boskamp beim Festakt.Foto: Pohl-Boskamp

Nitrolingual ist laut Firmenangaben ein Meilenstein in der Geschichte der Angina-Pectoris-Behandlung. Erst mit der Entwicklung einer mit Nitroglycerin-Lösung gefüllten Zerbeißkapsel aus Gelatine habe sich der medizinische Einsatz von Nitroglycerin bei Patient:innen durchsetzen können. „Nur wenige Hersteller können von sich behaupten, ein Arzneimittel im Alter von 100 Jahren im Portfolio zu haben, welches bis heute auf der WHO-Liste der essentiellen Medikamente aufgeführt ist“, sagte Marianne Boskamp. Heute vertreibt der Hersteller den Wirkstoff als Pumpspray, das Ende der 1990er Jahre eingeführt wurde. Seit 2016 wird mit Nitronal auch wieder Akutnitrat in Kapselform vertrieben.

Mehrproduktion wegen Lieferengpässen

Bei dem Festakt wurde auch auf die Bedeutung des Arzneimittels in Bezug auf weltweite Lieferengpässe etwa in den Niederlanden, Großbritannien oder Teilen Skandinaviens hingewiesen. Seit vergangenem Jahr werde deshalb in Hohenlockstedt mehr produziert, um diese kompensieren zu können. Gesetzliche Änderungen erforderten weitere Investitionen, um Nitrolingual im weltweiten Verkehr halten zu können, so Boskamp.

Günter betonte die Bedeutung des Unternehmens über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinaus: „Es macht mich stolz, dass wir in Schleswig-Holstein eine Firma haben, die weltweit hilft, Lieferengpässe bei einem versorgungsrelevanten Notfall-Präparat zu beseitigen und an dessen Produktion trotz vieler Unwägbarkeiten festhält.“ Insgesamt wird das Spray in 22 Ländern vertrieben.

Mittelstand und künstliche Intelligenz

Medac-Geschäftsführer Heiner Will zeigte, wie bewährte Wirkstoffe im Rahmen von Schrittinnovationen bei weiteren Krankheiten nützlich sein könnten. „Gerade der Mittelstand kennt seine oft Jahrzehnte lang im Einsatz befindlichen Wirkstoffe sehr gut. Wir brauchen einen verlässlichen Rahmen und Planungssicherheit, damit solche Investitionen im Sinne der Weiterentwicklung von Medikamenten auch zu angemessen Preisen seitens der Krankenkassen refinanziert werden“, forderte er.

Insgesamt waren bei dem Festakt rund 200 Gäste anwesend, darunter auch Professor Dr. Holger Thiele, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum in Leipzig, der einen Vortrag zur Rolle der künstlichen Intelligenz in der Kardiologie und die dadurch entstehenden Qualitätsverbesserungen in der Versorgung von Patient:innen hielt: „Die Künstliche Intelligenz kann beispielsweise aus einem vermeintlich normalen EKG eine künftige Herzschwäche oder auch eine Herzrhythmusstörung wie Vorhofflimmern vorhersagen. Die ärztliche Kunst und Interpretation von Befunden wird sie aber nicht ersetzen.“

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