Das Bundeskartellamt hat am Dienstag sein drittes Verfahren gegen Amazon eingeleitet. Erneut geht es dabei um die Bedingungen von Verkäufern auf dem Marktplatz des Versandriesen. Es ist das zweite Verfahren des Bundeskartellamtes auf Grundlage seiner erweiterten Befugnisse in der Missbrauchsaufsicht.
Die Bonner Behörde nutzt ihr neues kartellrechtliches Instrument, um erneut die Bedingungen auf Amazons Marktplatz unter die Lupe zu nehmen. Im Januar war die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift darin erlaubt dem Kartellamt ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Demnach kann das Bundeskartellamt Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Beispiele für solche Verhaltensweisen, die nach der neuen Vorschrift untersagt werden können, sind die Selbstbevorzugung von konzerneigenen Diensten, das Aufrollen noch nicht beherrschter Märkte mit nicht leistungswettbewerblichen Mitteln, etwa Kopplungs- oder Bündelungsangeboten, oder die Errichtung oder Erhöhung von Marktzutrittsschranken durch die Verarbeitung wettbewerbsrelevanter Daten.
Das erste Verfahren, das auf Grundlage der neuen Befugnisse eingeleitet wurde, betraf Facebook: Noch im Januar begann die Prüfung, ob die Verknüpfung von Oculus-Virtual-Reality-Produkten mit dem sozialen Netzwerk rechtens ist. Nun steht Amazon ebenfalls erneut in Verdacht. „Konkret prüfen wir in einem ersten Schritt, ob Amazon eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt“, erklärt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Charakteristisch dafür sei insbesondere ein sich über verschiedene Märkte erstreckendes Ökosystem – eine schwer angreifbare wirtschaftliche Machtstellung.
„Mit seinen Online-Marktplätzen und vielen weiteren – insbesondere digitalen – Angeboten kommt dies für Amazon in Betracht. Wenn wir eine derartige Marktposition feststellen, könnten wir etwaige wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen von Amazon früher aufgreifen und untersagen“, so Mundt.
Neben dem europäischen Kartellverfahren laufen derzeit in Deutschland noch zwei weitere nach kartellrechtlichen Missbrauchsvorschriften, die schon vor der jüngsten Gesetzesänderung galten. Im ersten Verfahren untersucht das Bundeskartellamt, inwieweit Amazon durch Preiskontrollmechanismen beziehungsweise Algorithmen Einfluss auf die Preissetzung der auf dem Amazon-Marktplatz tätigen Händler nimmt.
Im zweiten Verfahren prüft das Bundeskartellamt, inwieweit Vereinbarungen zwischen Amazon und Markenherstellern – darunter Apple – Dritthändler vom Verkauf von Markenprodukten auf dem Amazon Marktplatz auszuschließen, einen Verstoß gegen Wettbewerbsregeln darstellen.
Jene neue Regelung im GWB will das Kartellamt nicht nur gegen Amazon einsetzen, sondern sich auf dessen Grundlage generell stärker im Bereich Onlineversandhandel aufstellen. Dazu richtet die Behörde eigens eine E-Commerce-Abteilung ein, wie sie am Montag mitteilte: „Sie wird insbesondere für die kartellrechtliche Beurteilung des Verhaltens von Amazon und anderer Handelsplattformen zuständig sein.“
Zuständig sein wird dafür künftig die 2. Beschlusskammer unter Dr. Felix Engelsing, die bisher für den Wirtschaftsbereich Lebensmittelhandel verantwortlich war. Diese Zuständigkeit geht nun zur 1. Beschlusskammer.
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