Heilmittelwerbegesetz

Neues EuGH-Verfahren zu DocMorris

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Berlin -

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss sich erneut mit DocMorris befassen: Der Bundesgerichtshof (BGH) wird einen Streit um ein Bonusmodell der niederländischen Versandpotheke den Luxemburger Richtern zur Vorabentscheidung vorlegen. Dabei geht es um die Grundsatzfrage, ob Gewinnspiele von EU-Versendern gegen das deutsche Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen. In einem anderen Verfahren hat der BGH bereits entschieden: Privatversicherte können beim Bezug über EU-Versender profitieren – auch im Fall eines Boni-Verbots.

Der BGH möchte wissen, ob das HWG mit der EU-Arzneimittelrichtlinie in Einklang steht. Konkret geht es um Artikel 87 der Richtlinie. Dieser sieht für die Werbung von Arzneimitteln vor, dass diese nicht irreführend sein darf und einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern soll, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt. Im hier fraglichen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sind Werbezugaben bei Arzneimitteln dagegen verboten, sofern sie nicht geringwertig sind und nicht gegen die Preisvorschriften verstoßen. Letzteres gilt aber seit der EuGH-Entscheidung zu Rx-Boni nicht für EU-Versender.

In dem Verfahren, das jetzt in Luxemburg vorgelegt wird, ging es um ein Gewinnspiel von DocMorris. Die Versandapotheke hatte im März 2015 als Hauptpreis einen Gutschein für ein E-Bike im Wert von 2500 Euro ausgelobt, ebenfalls verlost wurden neun hochwertige elektrische Zahnbürsten. Die Teilnahme war an die Einlösung eines Rezeptes gekoppelt.

Der BGH will in Luxemburg klären lassen, ob dies einer EU-Versandapotheke verboten werden kann, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Einreichung eines Rezepts für ein verschreibungspflichtiges Humanarzneimittel gekoppelt ist, der ausgelobte Gewinn kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand ist. Laut BGH ist in diesem Fall – die bloße Aussicht auf einen Gewinn durch Teilnahme an einer Verlosung – nicht zu befürchten, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird.

Aus Sicht der Apothekerkammer Nordrhein war das Gewinnspiel ein Verstoß gegen die Preisbindung, das HWG und den Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband (DAV). Im Berufungsverfahren trug die Kammer außerdem erstmals vor, DocMorris betreibe illegal eine Versandapotheke in Deutschland, da sie Arzneimittel in Deutschland lagere und hier an Kunden versende. Letzteres war aber vom Klageantrag gar nicht erfasst.

Das Landgericht (LG) Frankfurt hatte in erster Instanz einen HWG-Verstoß verneint, weil das Gewinnspiel keinen Vorschub zu einem Fehlgebrauch von Arzneimitteln leiste. Und nach dem EuGH-Urteil gelte die Preisbindung für EU-Versender ohnehin nicht mehr, auch das HWG sei nicht anwendbar. Der Rahmenvertrag sei erst gar keine Marktverhaltensregel nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, so das LG weiter.

Die Kammer ging in Berufung und hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt Erfolg: Die Frage des Preisrechts ließen die Richter offen. Ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sei aber anzunehmen. Davon ausgehend sei noch der Frage nachzugehen, „ob die deutschen Regelungen der arzneimittelrechtlichen Preisbindung geeignet ist, eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung zu gewährleisten“. Genau diese Frage hatte der EuGH im Prozess um Rx-Boni schon beantwortet und die deutsche Preisbindung für nicht gerechtfertigt erklärt.

Das OLG Frankfurt nutzte ausgerechnet die Begründung des EuGH, um das Gewinnspiel von DocMorris zu untersagen. Zunächst erklärte das Gericht aber das HWG für anwendbar: Anders als DocMorris annehme, werde diese Norm nämlich von der EuGH-Entscheidung nicht beeinflusst. Denn § 7 HWG habe nicht die Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften zum Gegenstand, sondern das Verbot der Wertreklame, das durch die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) nur verschärft werde. Und die Teilnahme an einem Gewinnspiel sei eine Werbegabe im Sinne des HWG. Der Ausnahmetatbestand „geringwertige Kleinigkeit“ greife auch nicht: Auch die bloße Chance, ein E-Bike im Wert von 2500 Euro zu gewinnen, liege über der Geringwertigkeitsschwelle.

In dem anderen Verfahren gegen die Europa Apotheek (heute Shop-Apotheke) ging es um die Frage, ob der Versender die bei der Rezepteinlösung gewährten Gutscheine auf der Quittung ausweisen muss. Bei Barrabatten werden die Boni entsprechend vom Erstattungsanaspruch des Versicherten abgezogen. Doch der BGH folgte offenbar der Einschätzung des OLG Stuttgart, dass dies nicht für Einkaufsgutscheine gilt, die der Kunde erst später einlöst. „Die Revision der Kammer gegen das Urteil aus Stuttgart wurde auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Demnach können Versender Privatversicherte auch künftig mit Vorteilen locken, auch wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Boni-Verbot mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) umsetzen wird. Die geplante Änderung des SGB V gilt nämlich nur für den GKV-Sektor.

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