Neuer Skonto-Prozess zeichnet sich ab Alexander Müller, 15.03.2019 10:17 Uhr
Der Gesetzgeber plant eine Klarstellung bei den Großhandelskonditionen – doch die Interpretationen zum gestern verabschiedeten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gehen weiter auseinander. Während der Phagro Skonti von der Rabattsperre mit erfasst sieht, stellt es sich aus Sicht des Großhändlers AEP genau anders dar. Nicht auszuschließen also, dass es bald einen neuen Skonto-Prozess gibt.
Das TSVG tritt am 1. April in Kraft. Darin stellt der Gesetzgeber eindeutig klar, dass die Großhändler aus dem fixen Teil ihrer Vergütung in Höhe von 70 Cent keine Rabatte an die Apotheken gewähren dürfen, sondern nur aus dem variablen Teil von 3,15 Prozent, was dann dem Maximalrabatt entspricht. Insoweit wird tatsächlich die vom Bundesgerichtshof (BGH) im ersten Skonto-Prozess angeregte Klarstellung durchgeführt.
Nach wie vor auseinander gehen die Meinungen, was das für die Gewährung von Skonti bedeutet. In der Begründung heißt es hierzu: „Rabatte und die im Handel allgemein üblichen Skonti können nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags gewährt werden.“ Die SPD hat in ihrer Bewertung wiederum Skonti und Rabatte eindeutig zusammengefasst. Auch der Phagro interpretiert die Neuregelung so. Hierzu hat der Verband auch ein Rechtsgutachten angefertigt, dass allerdings noch nicht veröffentlicht werden soll.
Darauf reagiert nun AEP – der Großhändler war schon im ersten Skonto-Prozess auf Beklagtenseite erfolgreich gewesen. „ In der Kommentierung dieses Paragraphen ist klargestellt, dass der Großhandel Rabatte in Höhe des variablen Anteils plus handelsübliche Skonti geben darf. Das ist insofern auch logisch, da auch der Großhandel Skonti von der Industrie bekommt, die er im Prinzip an die Apotheken weiterleitet. Insofern sind der Gesetzestext und die Kommentierung auch kongruent“, so die gemeinsame Stellungnahme der Geschäftsführer Jens Graefe, Dr. Martin Arnegger und Tobias Zimmermann.
Für die AEP-Spitze steht fest, dass der Phagro während des Gesetzgebungsprozesses immer wieder versucht hat, die Kommentierung dahingehend zu ändern, dass Rabatt und Skonto in Summe den variablen Prozentsatz nicht übersteigen dürfen. „Das Ziel dabei war, ein Rückfahren der Kondition und die weitgehende Ausschaltung des Wettbewerbs, vor allem zwischen den Phagro-Mitgliedern, per Gesetz zu erlangen“, so AEP. Im Kern gehe es dem Phagro darum, „die Überkapazitäten und das Oligopol durch Begrenzung des Wettbewerbs zu zementieren“.
Aus Sicht des Großhändlers aus Alzenau ist dagegen klar, dass im Gesetzestext der Zuschlag von 70 Cent klargestellt wird und laut Kommentierung weiterhin ein Maximalrabatt von rund 3 Prozent zuzüglich eines handelsüblichen Skontos erlaubt sind. Die „Fraktionsmeinung“ der SPD stehe natürlich im Widerspruch zu der Kommentierung des Gesetzes und habe keine Gesetzeswirkung.
Die AEP-Spitze wirft dem Phagro vor, erneut für Verunsicherung zu sorgen. Der Verband versuche, „eine mangelnde kaufmännische Steuerung innerhalb seiner Unternehmen auf Kosten der Apotheke zu heilen“. Im Übrigen zwinge ja niemand irgendeinen Großhändler, Rabatte und Skonti zu gewähren. AEP werde das bestehende Konditionsmodell auf jeden Fall beibehalten, so die Ankündigung. Man erwarte hierzu allerdings eine erneute Frage. Vor drei Jahren hatte die Wettbewerbszentrale einen Prozess gegen AEP angestrengt, auf Veranlassung eines anderen oder mehrerer Großhändler.