Interview mit Ulrich Galster

Naturafit-CEO: Hersteller haben Einfluss auf dm-Marktanteil

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Berlin -

Ulrich Galster führt den Nahrungsmittelhersteller Naturafit in zweiter Generation. Der Ingenieur legt Wert auf eine gute Apothekenbetreuung und betrachtet die OTC-Pläne bei dm mit Sorge. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt der 38-Jährige, wie Apotheken auf die Pläne der Drogeriekette reagieren könnten und stellt klar, warum Hersteller der sogenannten dm-Apotheke nahezu ausgeliefert sind – ob sie wollen oder nicht.

ADHOC: Wie bewerten Sie den Einstieg von dm in den OTC-Versand?
GALSTER: Die Entwicklung bei dm bereitet mir Kopfzerbrechen. Das alles ist schon einmal in ähnlicher Weise passiert, als die Holland-Versender in den deutschen Markt eingedrungen sind. Es ist das gleiche System und es wird fast derselbe Rechtsraum genutzt. Auch damals hatten die Hersteller keinen Einfluss auf die Folgen.

Der Druck auf die Anbieter wächst. Deshalb gehen viele stark in den Versand und zukünftig wahrscheinlich auch zu dm.

ADHOC: Kann sich ein Hersteller dm also nicht verweigern?
GALSTER: Solange die Produkte im Großhandel gelistet und darüber vertrieben werden, nicht. Wenn nur ein Großhändler auf die Idee kommt, dm mit OTC-Produkten oder anderen Apothekenmarken zu beliefern, werden sie automatisch bei dm gelistet. Die Hersteller haben natürlich noch Einfluss auf den Marktanteil, diejenigen, die sich erweichen lassen und hohe Werbebudgets für dm freigeben, können sich damit Marktanteil erkaufen. Der Druck auf die Anbieter wächst. Im Nahrungsergänzungsmittel-Segment stellen die meisten – anders als wir – nicht mehr selbst her. Lohnhersteller müssen bezahlt werden, dazu steigen die Preise im Rohstoffmarkt immer weiter. Deshalb gehen viele stark in den Versand und zukünftig wahrscheinlich auch zu dm.

ADHOC: Warum nicht Naturafit?
GALSTER: Wir wachsen organisch in der Apotheke. Das liegt nicht nur an unseren Top-Produkten, sondern hängt auch damit zusammen, dass wir eine gute Partnerschaft pflegen. Wir drehen die Konditionen nicht zurück, wir bieten eine gute Betreuung und Schulungen an. Bei uns geht es um die Apotheke vor Ort. Denn nur diese kann die passende Beratung zu unseren Produkten bieten.

ADHOC: Können die Apotheken überhaupt auf so einen mächtigen Mitbewerber reagieren?
GALSTER: Auf jeden Fall. Wichtig ist, denke ich, dass sich Apotheken klar positionieren und sich vom Drogeriemarkt abgrenzen. Apotheken sollten Produkte vertreiben, die eben auch einer Apothekenqualität entsprechen und nicht nur einer Drogeriequalität. Da können sie nur verlieren. Meiner Ansicht nach sollte die Standesvertretung hier die Apotheken viel mehr sensibilisieren und auf den Direktbezug hinweisen.

Apotheken müssen über die Marktmechanismen nachdenken und verstehen, welchen Einfluss sie darauf haben.

ADHOC: Es erfordert von Apotheken viel Mut, bewusst auf Marken zu verzichten.
GALSTER: Langfristig wird es sich lohnen, nur die Produkte von den Herstellern anzubieten, die die Apotheke wirklich unterstützen und nicht nur darüber reden. Die Apotheken haben das schon früher geschafft etwa als Zahnpflege oder Kosmetik in den Mass Market abgewandert sind. Es ist eine strategische Entscheidung. Apotheken müssen auf Sortimente setzen, die in die Apotheke passen. Sie müssen über die Marktmechanismen nachdenken und verstehen, welchen Einfluss sie darauf haben.

ADHOC: Welche Stellschrauben haben Inhaberinnen und Inhaber noch?
GALSTER: Der Versandhandel kann vieles nicht, was die Vor-Ort-Apotheke täglich leistet. Die Beratung ist ein entscheidender Faktor, denn bei dm, um beim Beispiel zu bleiben, gibt es kaum gesundheitliche Beratung. Wichtig ist, dass eine vernünftige Qualität angeboten wird. Ich denke da an Qualitäts-Eigenmarken der Apotheke, die zu guten Konditionen gekauft und zu höheren Margen verkauft werden können. Außerdem unterstützt ein Eigenmarkensortiment das Image der Apotheke. Wichtig ist auch, dass das Warenlager optimiert ist und man die Ware bestenfalls gleich mitnehmen kann. Denn das geht bei zukünftigen OTC-Produkten bei dm eben nicht.

Man kann sich als Hersteller dem Versandhandel nicht verwehren.

ADHOC: Was macht Naturafit?
GALSTER: Wir sind nicht von dm angesprochen worden. Aber man kann sich als Hersteller dem Versandhandel nicht verwehren. Wichtig ist jedoch, worauf man sich fokussiert. Wir bevorzugen die Apotheke vor Ort, nicht den Versandhandel. Von Naturafit wird es keine großen Rabattaktionen im Versand geben. Mit einem stabilen Preisniveau, bei einem vernünftigen Preis- Leistungsverhältnis, ist am Ende jedem Marktteilnehmer geholfen.

Naturafit geht auf den Apotheker Georg Galster zurück, der die ersten Mikronährstoffe in seiner St. Mauritius-Apotheke in Röttenbach herstellte. Was als Eigenmarken-Service für Kollegen begann, hat sich mittlerweile zu einem Familienunternehmen mit 60 Mitarbeitern entwickelt. Seit 2007 leitet Ulrich Galster das Unternehmen. Naturafit stellt apothekenexklusive Nahrungsergänzungsmittel her. Angeboten werden 190 Rezepturen sowie Eigenmarken für Deutschland und Österreich.

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