Kritik an Schmähplakaten

Nach Hausarztprotest: DocMorris entfernt Werbeplakate

, Uhr aktualisiert am 23.02.2021 14:38 Uhr
Berlin -

Mit den Vor-Ort-Apotheken legt sich DocMorris gern und leidenschaftlich an. Doch den Unmut der Ärzte will der niederländische Versender offenbar lieber nicht auf sich ziehen. Nachdem der Hausärzteverband scharf gegen die aktuelle DocMorris-Werbung protestiert hat, stampft der Versender ein Motiv seiner Kampagne ein und entschuldigt sich bei den Medizinern.

DocMorris will sich von der reinen Versandapotheke zur Gesundheitsplattform weiterentwickeln und setzt dabei unter anderem auf Telemedizin. In einer bundesweiten Plakatkampagne wird daher auch gegen die niedergelassenen Ärzte geschossen: „Warum ist mein Arzt 10 Straßen entfernt und nicht nur einen Klick? Warum können wir Gesundheit nicht neu denken?“, heißt es auf einem Plakat. Stein des Anstoßes war aber die Aussage: „Warum heißt er Hausarzt, wenn ich dafür das Haus verlassen muss?“

Ulrich Weigeldt, Chef des Hausärzteverbandes, hat sich wie viele seiner Kollegen an der Werbung gestoßen. Die Kampagne habe zu Recht für viel Empörung in der Hausärzteschaft gesorgt, so Weigeldt. Der Verband sei umgehend aktiv geworden, versichert er den Mitgliedern. „Ich habe mich bereits vergangenen Mittwoch direkt an den Vorstand von DocMorris gewandt und sehr deutlich gemacht, wie unangemessen und ärgerlich die Aussage des Plakates ist“

Sein Protest verhallte nicht: Man habe sich umgehend bei ihm – stellvertretend für alle Hausärzt:innen – entschuldigt und „einen sofortigen Kampagnenabbruch durchgesetzt“, verkündet Weigeldt. Online seien die entsprechenden Werbebanner bereits abgeschaltet worden und auch die Werbeplakate würden schnellstmöglich bundesweit entfernt. „Der Vorstandsvorsitzende und CEO hat mir persönlich versichert, dass es nie die Absicht von DocMorris war, unseren Berufsstand zu diskreditieren, sondern dass man vielmehr auf die telemedizinischen Angebote der Ärztinnen und Ärzte hinweisen wollte“, gibt Weigeldt das Gespräch wieder.

Ein DocMorris-Sprecher stellte klar, dass nicht die komplette Werbekampagne abgebrochen werde. Man habe sich lediglich bereiterklärt, das eine Motiv aus der Werbung zu entfernen. Richtig sei, dass sich DocMorris dafür ewntschudligt habe, falls sich Ärzt:innen diskreditiert fühlten und es Unklarheiten zur Aussage der Werbung gegeben habe.

Weigeldt freut sich, dass man so schnell ein Ergebnis erreichen konnte, schiebt aber hinterher, dass „der Einfluss einer solchen Plakataktion auf die Hausarzt-Patienten-Beziehung sehr unwahrscheinlich ist“. Anders als die Apotheker machen sich die Hausärzte anscheinend keine allzu großen Sorgen über die Konkurrenz aus dem Netz. Man werde die Sache trotzdem im Auge behalten, kündigt der Verbandschef an.

Doch DocMorris hat nicht nur plakatiert, sondern auch einen Spot produziert. Darin heißt es entsprechend: „Alles wird doch digital, nur zu meinem Arzt gehe ich noch zu Fuß.“ Klar, vertraue man immer noch dem Doktortitel an der Wand, wenn es um Gesundheit gehe. „Aber muss ich wirklich immer da sitzen und auf diese Wand starren?“, fragt sich die Stimme aus dem Off, während ein junger Mann in einem überfüllten Wartezimmer sitzt.

Im selben Spot werden auch die Vor-Ort-Apotheken attackiert: In einer Szene gibt es eine Warteschlange vor der Apotheke. „Warum nicht auch das Rezept per App bekommen? Warum nicht selbst entscheiden, ob ich mein Medikament an der Apotheke oder an der Haustür kriege?“ Eine Frau reißt freudig ihr geliefertes Paket auf. Und weiter: Gesundheit werde immer komplexer. „Können wir es da nicht wenigstens einfacher machen, an sie ranzukommen? Kann man Gesundheit nicht irgendwie neu denken? Lasst uns doch damit anfangen. Das neue Gesund: DocMorris.“

Noch im Herbst 2019 waren DocMorris und die Hausärzte beste Freunde: Für ein halbes Jahr kooperierten der Versender und der Verband bei einem Pilotprojekt zur Einführung des E-Rezepts in Verbindung mit Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Getestet wurde in Westfalen-Lippe. Und schon 2016 gab es eine Zusammenarbeit bei einem Impfprojekt. Aktuell scheint die Stimmung etwas abgekühlt.

 

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