Das WIR wird beim Marketingverein Deutscher Apotheker (MVDA) wieder ganz groß geschrieben. Denn spätestens seit der langjährige Logistikpartner Phoenix die Lust am eigenen Verbund wieder entdeckt hat, ist klar: Einkauf können auch andere. So macht man sich in Köln Gedanken, wie man das Gemeinschaftsgefühl wieder stärken kann. Vier Säulen sollen Deutschlands größte Kooperation in die Zukunft tragen.
Mit knapp 3500 Mitgliedern ist der MVDA der größte Zusammenschluss von Apothekern in Deutschland. Rund 1200 Kollegen machen beim Dachmarkenkonzept Linda mit. 450 von ihnen sind als sogenannte Pioniere ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, neue Konzepte auf ihre Marktreife zu testen.
Schon seit Längerem taucht regelmäßig die Frage auf, was den MVDA – jenseits des gemeinsamen Einkaufs – eigentlich ausmacht und von anderen Kooperationen unterscheidet. Seit Phoenix vor einigen Wochen mit Livplus an den Start gegangen ist, ist dieses Thema aktueller denn je. Denn auch der Midas-Nachfolger verspricht gute Konditionen für Apotheken, die bei Aktionen für die Industrie mitmachen. Und es wäre eine Illusion zu glauben, dass Livplus nach Ablauf der Friedenfrist – kolportiert werden drei Jahre – nicht auch zur Dachmarke werden soll.
So wird beim MVDA derzeit das Gemeinschaftsgefühl nach vorne gestellt. „Von Apothekern für Apotheker“, so das demonstrativ vorangestellte Leitmotiv von Präsidentin Gabriela Hame-Fischer und ihrem Vize Dr. Holger Wicht. Mit einem modernen Leistungsprofil will der Verbund die Bindung seiner Mitglieder erhöhen und gleichzeitig für neue Kollegen attraktiver werden. Dazu gehören neben betriebswirtschaftlich-rationalen eben auch weiche Faktoren.
Die Basis bildet freilich der gemeinsame Einkauf: Nur wer kaufmännische Vorteile im Tagesgeschäft hat, wird auch auf einer anderen Ebene zusammenarbeiten. Dazu gehören neben Produkten – Großhandel, Direktgeschäft, Eigenmarken – auch Dienstleistungen. Beispiele sind Büroausstattung und Einrichtung, aber auch Giveaways und die Apotheken Umschau. Linda-Vorstand Volker Karg will mit den jeweils führenden Anbietern ins Geschäft kommen. Außerdem sollen auch solche Leistungen den MVDA-Mitgliedern zugänglich gemacht werden, die bislang Linda-Apotheken vorbehalten waren. Letztere erhalten einen Bonus obendrauf.
Auf der emotionalen Seite geht es um persönliche Vorteile und gemeinschaftliche Aktionen. Wer bei der Autovermietung, im Flugzeug oder im Hotel ein Upgrade kriegt, der fühlt sich schon gleich ein wenig wohler in seiner Apothekerwelt, so der Gedanke. Gemeinsam mit den Mitgliedern und dem Vermittlungsportal „First Class & More“ soll nun herausgearbeitet werden, welche Themen besonders wichtig sind.
Schließlich soll durch gemeinsame Aktionen der Zusammenhalt gestärkt werden. Neben Spendenaktionen sind Events vorgesehen wie Ausflüge, Talkrunden mit Politikern oder auch einmal Besuche im Fußballstadion. „Wir wollen vom Einkaufsverein zum Businessclub werden“, sagt Jürgen Lutsch, im MVDA-Präsidium für die Bereiche Medien und Kommunikation zuständig.
Ob die Neuausrichtung Früchte tragen wird, weiß auch beim MVDA niemand. Immerhin gab es schon in der Vergangenheit ähnliche Angebote, die mit der Zeit in Vergessenheit geraten sind. Hame-Fischer und Wicht wollen ein Stückweit auch den Bedarf wecken. Denn: „Je entspannter die wirtschaftliche und politische Lage ist, desto geringer ist das Interesse der Apotheker an Kooperationen“, so Wicht. Und mit der Ruhe könne es schon bald vorbei sein.
Parallel hat die Kooperationen in den vergangenen Monaten an ihrem Konzept „24/7“ gearbeitet. Mit „digitalen Filialen“ sollen die Mitglieder Kunden schon im Internet erreichen. Das Prinzip geht so: Bei der Suche nach Indikationen, Produkten oder Apotheken stößt man als Verbraucher auf die gemeinsame Plattform. Hier sucht man sich seine Apotheke aus, gibt die Bestellung auf. Artikel aus dem OTC- und Freiwahlsortiment gehen direkt in den Warenkorb, bei Rx-Medikamenten kann ein Foto übermittelt werden. Innerhalb kürzester Zeit kann mann das gewünschte Produkt abholen oder sich nach Hause liefern lassen.
Wer bis 12 Uhr bestellt, soll seine Ware ab 16 Uhr in den Händen halten; jeder Apotheke steht es frei, noch schneller zu reagieren. Dass der Kunde das Sortiment im gemeinsamen Webshop auch findet, stellt ADG sicher. Die kurzfristige Verfügbarkeit gewährleistet Phoenix, auch wenn der Auftrag auch an einen anderen Großhändler gehen kann. Mit Payback will Linda im Netz eine möglichst große Reichweite erzielen. Für die Apotheken ist die Teilnahme kostenlos, allerdings fallen unter Umständen für die Erstzuführung umsatzabhängige Gebühren an.
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