Eigentlich ist GlaxoSmithKline (GSK) im Bereich Mundhygiene in einer komfortablen Situation: Mit Marken wie Chlorhexamed, Corega, Corsodyl, Dr. Best, Odol/Odel-med3, Parodontax und Sensodyne hält der britische Pharmakonzern einen Marktanteil von rund 25 Prozent – das entspricht einem Umsatz von rund 340 Millionen Euro. Im Bereich der Mundspüllösungen entfallen sogar zwei Drittel des gesamten Marktes hierzulande auf die Produkte aus Bühl bei Baden-Baden. Doch im Fall von Chlorhexamed liegen die Nerven offenbar blank.
1975 eingeführt und seit 1981 unter der Marke bekannt, ist Chlorhexamed laut GSK seit 1989 die Nummer 1 unter den Mitteln gegen Zahnfleischentzündungen. Zur Mundspüllösung sind mittlerweile Spray, Fluid und Gel hinzugekommen.
Doch der Branchenprimus steht unter Druck: Denn der Wettbewerber Sunstar verkauft die Mundspülung „Paroex“ seit einigen Jahren in verschiedenen Dosierungen als Kosmetikum nicht nur in Apotheken, sondern auch Zahnarztpraxen.
Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem Wirkstoff Chlorhexidin eine pharmakologische Wirkung zugesprochen hat, untersagte GSK dem Konkurrenten Ende des Jahres den Vertrieb der 0,2-prozentigen Lösung. Über die 0,12- und 0,06-prozentige Lösung muss noch abschließend vor Gericht entschieden werden.
Doch offenbar ging es GSK gar nicht um die Apothekenpflicht: Ab Februar 2012 bot der Konzern nämlich plötzlich selbst Zahnarztpraxen die 0,2-prozentige Chlorhexamed-Lösung zum Direktkauf an. Neben der Großpackung mit 600 ml wurde auch die in den Apotheken übliche Endverbraucherpackung à 200 ml geliefert.
Im August schickte die Wettbewerbszentrale eine Abmahnung. Vor Gericht argumentierte GSK mit einer Ausnahmeregelung im Arzneimittelgesetz (AMG): Demnach dürfen apothekenpflichtige Medikamente vom Hersteller direkt an „zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigte Personen“ geliefert werden, „soweit es sich um Fertigarzneimittel handelt, die ausschließlich in der Zahnheilkunde verwendet und bei der Behandlung am Patienten angewendet werden“.
Die Richter des Landgerichts Baden-Baden ließen dies nicht gelten. Die Ausnahme zur Apothekenpflicht müsse restriktiv ausgelegt werden und gelte streng nur für den Praxisbedarf. Bei Chlorhexamed lasse sich aber schon aus den Einsatzgebieten und der Anwendungsempfehlung schließen, dass das Produkt auch außerhalb der Zahnarztpraxis zum Einsatz komme.
Durch Hinweise auf dem Bestellformular wie „Für Ihre Praxis“ und „Für Ihren Praxisbedarf“ ließe sich nicht ausschließen, dass Zahnärzte die Produkte weiterverkauften und damit die Apothekenpflicht umgangen werde. Diese bezwecke aber gerade eine „umfassende und sachgerechte Beratung“ des Patienten durch den Apotheker, um jegliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung auszuschließen.
Nur bei Pharmazeuten seien die „persönlichen und sachlichen Voraussetzungen“ erfüllt, die „im Interesse des Gesundheitsschutzes gefördert werden müssen“. Vor diesem Hintergrund diene das Apothekenmonopol auch der Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Apothekers.
Dass manche Zahnärzte sehr kaufmännisch orientiert sind, ist in der Branche hinreichend bekannt. Ob GSK aber deshalb weiter gegen die Apothekenpflicht kämpfen will, war bislang nicht zu erfahren.
Schon vor zwei Jahren hatte es der Konzern mit dem Thema nicht so genau genommen: Ab Januar 2011 vertrieb die mittlerweile verkaufte Tochterfirma Abtei das Produkt „Baldrian plus Passionsblume“ in Drogerien und im Einzelhandel, obwohl die Kombination der beiden Arzneipflanzen erst Monate später aus der Apothekenpflicht entlassen wurde.
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