EU-Versandapotheke

Mitarbeiter verwalten den Mangel Alexander Müller, 06.11.2017 15:20 Uhr

Berlin - 

Die EU-Versandapotheke hat schon bessere Zeiten erlebt. Der kriselnde Anbieter aus Cottbus kann offenbar derzeit nur mit großen Verzögerungen liefern. Kundenbeschwerden häufen sich, auch weil die Zahlung auf Rechnung als Option gestrichen wurde. Am kommenden Dienstag streitet Inhaberin Dr. Bettina Habicht vor dem Landgericht Cottbus erneut mit dem Großhändler Phoenix um mutmaßlich unbezahlte Rechnungen.

Mit Phoenix streitet Habicht um 5,4 Millionen Euro. Nach einem Erfolg vor dem OLG Brandenburg im Eilverfahren kann der Großhändler seine Forderungen vorerst geltend machen. Doch auch ohne diese Auszahlung scheinen die Mittel knapp zu werden. Aus internen Mails geht hervor, dass Bestellungen gezielt zurückgehalten werden, weil offenbar Geld für den Einkauf fehlt. Der Großhändler Alliance Healthcare liefert ohnehin nur noch gegen Vorkasse.

Die Kunden bekommen das zu spüren. Sie warten nicht nur in der Telefonhotline länger als sonst, sondern teilweise auch länger als eine Woche auf ihre Päckchen. Zuletzt hieß es, verschreibungspflichtige Medikamente würden überhaupt nicht mehr versandt. Mitarbeiter der Telefonhotline bestritten dies auf Nachfrage nur halbherzig.

Kunden gegenüber wurde mitgeteilt: „Wie Sie bemerkt haben, sind verschreibungspflichtige Arzneimittel zurzeit nicht in unserem Online-Shop gelistet. Ähnlich wie andere Onlineapotheken überdenken wir aktuell den Rezeptversand beziehungsweise den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“

Eine langjährige Kundin wartete nach eigenen Angaben bereits zehn Tage auf ein bestelltes Medikament. Aus der Warteschleife sei sie mehrfach „rausgeflogen“, mehr als eine halbe Stunde habe sie es versucht. Ob die Bestellung unterwegs sei und wann sie mit einer Zustellung rechnen könne, wollte sie wissen. Gegebenenfalls würde sie ihre Bestellung sonst stornieren und es bei einer anderen Versandapotheke versuchen.

Das Serviceteam entschuldigte sich per Mail für die Unannehmlichkeiten: „Aufgrund interner Umstellungen in der Lieferkette verzögern sich leider die Bestellungen unserer Kunden um mehrere Tage.“ Die Bestellung befinde sich noch „in der Bearbeitung“ und werde schnellstmöglich versendet.

Insidern zufolge hat sich aufgrund massiver Kundenbeschwerden wegen der langen Lieferzeiten auch die Aufsichtsbehörde eingeschaltet und Testeinkäufe durchgeführt. Das zuständige Landesamt für Gesundheit bestätigte dies auf Nachfrage nicht. Hinweise aus der Bevölkerung, dass es vermehrt zu Verzögerungen gekommen sei, habe man allerdings erhalten.

Beschwerden gibt es aktuell auch zum Wegfall der Zahlart Rechnung. Gegenüber Kunden wird mitgeteilt, dass es zu Problemen gekommen sei, da Bestellungen auf diesem Weg nicht übertragen worden seien und verschwanden. Die Zahlart sei daher vorübergehend aus dem Shop genommen worden, bis der Fehler behoben sei.

Eine Mitarbeiterin der Versandapotheke bestätigte auf Nachfrage, dass die Zahloption Rechnung nicht mehr zur Verfügung steht. Zu den Gründen konnte sie nichts nennen, es handele sich um eine Entscheidung der Geschäftsführung. Habicht war für Rückfragen nicht zu erreichen.

Gegen die Inhaberin wurde mittlerweile sogar Strafanzeige gestellt. Der ehemalige Finanzchef der Versandapotheke fühlt sich verleumdet. Habicht hatte ihm im Prozess mit Phoenix vorgeworfen, unautorisiert Zahlungen an den Großhändler geleistet zu haben. Daher wollte sie die Summe von 4,6 Millionen Euro gegen die Phoenix-Forderung aufrechnen lassen. Die Gerichte ließen sich darauf allerdings bislang nicht ein. Vermutlich erschien es auch den Richtern wenig plausibel, dass solche Beträge ohne Grund überwiesen worden sein sollen und dass dies der Geschäftsführung jahrelang nicht aufgefallen sein soll.