EuGH Spezial

Ministerium im DocMorris-Fieber

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Nach mehr als einem halben Jahr streng geheimer Vorbereitungen war am 29. Juni 2006 im Saarländischen Gesundheits- und Justizministerium die Entscheidung gefallen: Die niederländische Kapitalgesellschaft DocMorris erhielt trotz geltenden Fremdbesitzverbots die Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke. Bereits seit Dezember 2005 hatte eine spezielle Arbeitsgruppe im Ministerium die rechtlichen Grundlagen geprüft; ein Gutachten kam zu dem Schluss, dass im konkreten Fall dem Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht einzuräumen sei.

Am 3. Juli eröffnete in der Saarbrücker Kaiserstraße die DocMorris-Apotheke. Die bisherige Eigentümerin der ehemaligen Ratsapotheke wurde als Filialleiterin zur „persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung“ verpflichtet - ein weiteres Novum im deutschen Apothekenwesen.

Die Eröffnung provozierte prompte Reaktionen. Die Inhaberin einer benachbarten Apotheke forderte die Schließung per Eilverfahren - zunächst ohne Erfolg. Auch eine ganze Reihe von Strafanzeigen gegen Gesundheits- und Justizminister Josef Hecken wegen „Beihilfe zum Betrieb einer Apotheke ohne die erforderliche wirksame Erlaubnis“ wurden vom zuständigen Oberstaatsanwalt abgelehnt. Rücktrittsforderungen wies Hecken als „geradezu absurd“ zurück.

Mehrere Apotheker reichten daraufhin verwaltungsrechtliche Klagen gegen das Ministerium ein; im Eilverfahren veranlasste das Verwaltungsgericht am 12. September 2006 tatsächlich die Schließung der Apotheke. Gegen den Bescheid legte DocMorris noch am selben Tag Beschwerde beim Ministerium ein, das daraufhin vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die erstinstanzliche Entscheidung klagte - und Recht bekam: Am 22. Januar 2007 durfte die seit 14. September 2006 geschlossene DocMorris-Apotheke wieder öffnen.

Die endgültige Entscheidung sollte im Hauptsacheverfahren fallen. Doch dazu kam es bislang nicht: Das Verwaltungsgericht legte am 30. März 2007 die beiden anhängigen Fälle dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Wenige Wochen später kaufte der Stuttgarter Pharmahandelskonzern Celesio für 183 Millionen Euro die Mehrheit der niederländischen Versandapotheke.

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