Patentstreit

Mimpara: Generikafirmen preschen vor Patrick Hollstein, 06.06.2020 07:48 Uhr

Patentfrei? Generikafirmen drängen mit Cinacalcet auf den Markt, aber über den Schutz wird noch gestritten. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Im Mai haben zahlreiche Generikafirmen Konkurrenzprodukte zu Mimpara (Cinacalcet) auf den Markt gebracht. Aus ihrer Sicht gibt es keinen Patentschutz mehr, doch der Originahersteller Amgen sieht das nicht so. Im ungünstigsten Fall muss die Ware wieder zurück.

Amgen bestätigt auf Nachfrage, dass das Wirkstoffpatent für Cinacalcet in Deutschland am 26. April erloschen ist. „Es bestehen darüber hinaus Patente an der Formulierung von Cinacalcethydrochlorid, gegen die momentan beim Europäischen Patentamt Einsprüche anhängig sind“, erklärt eine Sprecherin. Wegen des laufenden Verfahrens könne man sich darüber hinaus nicht äußern.

Seit Anfang Mai haben mehrere Generikafirmen entsprechende Präparate auf den Markt gebracht, darunter Accord, Aliud, Aristo, Betapharm, Hexal, Puren, Ratiopharm und Tad. Verfügbar sind die bekannten Wirkstärken à 30, 60 und 90 mg in den Packungsgrößen 28 Stück (N2) und 84 Stück (keine N-Größe). Ratiopharm hat bei den beiden niedrigeren Dosierung mit 98 Stück auch die N3 besetzt.

Zu den Preisen lassen sich noch keine Aussagen machen, da diese – zwecks Anrechnung auf den Herstellerrabatt – demnächst noch abgesenkt werden. Accord wirbt mit Einsparungen von 30 Prozent.

Cinacalcet wirkt als Modulator an Calciumrezeptoren der Nebenschilddrüse und hemmt dadurch die Ausschüttung von Parathormon (PTH). Das Präparat ist zur Behandlung von sekundärem Hyperparathyreoidismus (s-HPT) bei dialysepflichtigen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zugelassen. Das Arzneimittel ist seit August 2018 auch als Granulat in Kapseln à 1 mg, 2,5 mg und 5 mg zugelassen – diese Darreichungsform hat der Originalhersteller weiter exklusiv.

Bei Hyperparathyreoidismus handelt es sich um eine Erkrankung der Nebenschilddrüse; die Überfunktion führt langfristig zu einer Überproduktion von PTH, das für den Regulierungsprozess des Calcium- und Phosphathaushaltes verantwortlich ist. Eine übermäßige Produktion führt zu einem erhöhten Calciumspiegel im Blut; unbehandelt führt die Krankheit unter anderem zu Deformierungen und Brüchen von Knochen, eine vermehrte Bildung von Nieren- und Gallensteinen und einer verminderten körperlichen und seelischen Leistungsfähigkeit. Drei verschiedene Formen werden unterschieden: primärer, sekundärer und tertiärer Hyperparathyreoidismus. Aufgrund des meist symptomfreien Krankheitsverlaufs wird ein Hyperparathyreoidismus eher selten entdeckt.

Cinacalcet erhöht die Empfindlichkeit des Calcium-sensitiven Rezeptors an der Oberfläche der Hauptzellen der Nebenschilddrüse, der als Schlüsselregulator für die PTH-Produktion fungiert. Die Blockade führt zur Senkung von PTH- sowie Serumcalciumspiegel. Nach Erreichen eines Fließgleichgewichtes bleiben die Serumcalciumkonzentrationen über das gesamte Dosierungsintervall konstant.

Patienten müssen im Hinblick auf das Auftreten einer Hypokalzämie gewissenhaft beobachtet werden. Patienten mit nicht dialysepflichtiger chronischer Niereninsuffizienz sollten kein Cinacalcet erhalten. Studien haben gezeigt, dass nicht dialysepflichtige Patienten im Gegensatz zu dialysepflichtigen Patienten ein höheres Risiko haben, an einer Hypokalzämie zu erkranken. Cinacalcet sollte während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der potentielle Nutzen das potentielle Risiko für den Fetus rechtfertigt.