Seit Beginn der Corona-Pandemie steht der Schlafmittelmarkt auf dem Kopf. Immer mehr Hersteller drängen in den Markt, ein wesentlicher Treiber ist Melatonin. Jetzt hat auch der Discounter Aldi unter seiner Eigenmarke Vitalis ein entsprechendes Produkt ins Sortiment aufgenommen.
Seit heute gibt es bei Aldi Süd unter der Eigenmarke Vitalis zwei Produkte mit Melatonin sowie Magnesium, Vitaminen und nicht näher genannten Pflanzenextrakten:
Wie viel Wirkstoff enthalten ist, ergibt sich aus der Präsentation im Webshop nicht. Empfohlen wird die Einnahme einmal täglich direkt vor dem Schlafengehen, als Kapsel geschluckt mit ausreichend Flüssigkeit als Sticks aufgelöst in circa 150 ml heißem oder kaltem Wasser.
Beide Produkte werden zum Preis von 3,49 Euro angeboten und sind als Nahrungsergänzungsmittel eingestuft. Lieferant ist die Vertriebsfirma Sunlife, die unter der Marke „Gut einschlafen“ entsprechende Produkte auch im eigenen Webshop direkt verkauft. Das Unternehmen gehört zum Lohnhersteller C. Hedenkamp.
Der Branchenexperte Andreas Niehaus (Lioran) hat die Einführung schon länger erwartet; er geht davon aus, dass noch ein Einschlaf-Spray folgen wird. Außerdem rechnet er mit einem Preisverfall: „Der jetzige Preis dürfte erst der Einstiegspreis sein. Es ist anzunehmen, dass die Preise noch bei 2,49 Euro oder sogar 1,99 Euro landen.“ Voraussetzung sei, dass auch Konkurrent Lidl mit eigenen Produkten komme.
Aldi Süd bietet die beiden Artikel deutlich preiswerter als die Konkurrenz an. Vergleichbare Produkte mit dem Inhaltsstoff Melatonin kosten in der Apotheke bei einer Packungsgröße von 30 Stück etwa sieben bis neun Euro. Anbieter wie Doppelherz finden sich auch in den großen Supermarktketten wieder. Aber auch hier muss man für 40 Tabletten rund sieben Euro ausgeben.
Für die Apotheke sieht Niehaus durch das Angebot bei Aldi negative Auswirkungen: Einerseits sei davon auszugehen, dass diese Einführungen negative Auswirkungen auf die Nachfrage in der Offizin haben werde. Andererseits beschädige das Billigprodukt das Image von Melatonin. „Ich war stets davon ausgegangen, dass sich Melatonin als Marke mittelfristig etablieren wird.“ Nun aber wäre die Apotheke aus seiner Sicht gut beraten, sich von Melatonin zu verabschieden. „Die Apotheke bereitet nur den Markt für die Drogeriemärkte und Discounter vor – das kann man tun, muss man aber nicht. Zumal die Apotheken die Produkte sehr prominent auf dem HV platzieren. Wirklich smart ist das nicht, denn schwups landet die Nachfrage von Beruhigungs-/Schlafmitteln von der Apotheke bei Aldi & Co.“
Immerhin: Aus seiner Sicht dürften die Werbespendings für Schlaf- und Beruhigungsmittel angesichts des Wettbewerbsumfelds zumindest in diesem Winter noch nicht einbrechen. Lagen sie 2018 und 2019 noch bei 32 beziehungsweise 35 Millionen Euro, kletterten sie 2020 auf 42 Millionen Euro, um 2021 auf 120 Millionen Euro zu explodieren. Zwei Drittel entfallen auf TV-Werbung, POS-Maßnahmen sind noch nicht eingerechnet. In diesem Jahr rechnen Experten mit Ausgaben von bis zu 200 Millionen Euro. Danach könnten sie deutlich nachgeben.
Hintergrund sind die zahlreichen Neueinführung im Schlafmarkt – nicht nur im Zusammenhang mit Melatonin, wo Dr. Theiss mit seinem Spray und P&G mit Wick ZzzQuil als Weichgummis vorgelegt haben. Auch bei anderen Wirkstoffen gibt es Bewegung: Gerade erst hat Doppelherz ein Präparat mit Passionsblume eingeführt, es ist laut Niehaus mittlerweile das sechste Produkt mit 425 mg Trockenextrakt nach Lioran Centra (Niehaus), Pascoflair (Pascoe), Passiobalance (Stada), Kytta Sedativum für den Tag (P&G), Calmaphyt (Sidroga) sowie dem Produkt von Dr. Böhm.
Zu den bislang bekannten Melatonin-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln in der Apotheke gehören:
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