Apotheken-Studie überzeugt Richter nicht

Meditonsin: Weder zuverlässig noch überlegen

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Berlin -

Medice hat Ärger mit seinem wohl bekanntesten Produkt Meditonsin. Das Landgericht Dortmund sieht keine ausreichende Evidenz für bestimmte Werbeaussagen des Herstellers und bestätigte die Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Aussagen zum Homöopathikum dürften weder einen sicheren Behandlungserfolg suggerieren noch eine Überlegenheit gegenüber chemisch-synthetischen Präparaten.

Die Verbraucherzentrale NRW hatte Medice wegen irreführender Werbeaussagen abgemahnt und verklagt. Denn durch die Werbung sei der falsche Eindruck entstanden, dass nach der Einnahme eine gesundheitliche Verbesserung mit Sicherheit erwartet werden könne, keine Nebenwirkungen zu erwarten seien und das Mittel „chemisch-synthetischen Arzneimitteln“ überlegen sei. Eine dazu vom Hersteller herangezogene Studie dazu überzeugte das Landgericht Dortmund aber nicht.

Keine ausreichende Evidenz

Der Hersteller warb auf seiner Website mit „nachgewiesener Wirksamkeit & Verträglichkeit“, was durch eine „aktuelle, groß angelegte Anwender-Studie mit mehr als 1000 Patienten [...] erneut eindrucksvoll bestätigt“ werde. Laut einem Tortendiagramm sollen 90 Prozent der Patient:innen mit der Wirkung von Meditonsin zufrieden oder sehr zufrieden gewesen sein.

Dabei handelte es sich laut Verbraucherzentrale aber nur um eine „apothekenbasierte Beobachtungsstudie“ mit geringer wissenschaftlicher Aussagekraft. Trotz der mangelnden Evidenz habe der Hersteller behauptet, dass damit „die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Meditonsin-Tropfen erneut eindrucksvoll bestätigt werden“ könne.

Unzulässige Erfolgsgarantie

Auch von einer „raschen und zuverlässigen Reduktion der Intensität der typischen Erkältungssymptome“ war die Rede. „Geworben werden darf nicht mit Aussagen, die den falschen Eindruck erwecken, dass ein Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, so wie es die Werbung für Meditonsin-Tropfen suggeriert“, unterstreicht Gesa Schölgens, Leiterin von „Faktencheck Gesundheitswerbung“, einem Gemeinschaftsprojekt der Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz.

Das Landgericht folgte der Klagebegründung der Verbraucherzentrale NRW. „Wird eine zuverlässige Reduktion der Symptome versprochen, so geht der durchschnittlich informierte und verständige Durchschnittsverbraucher davon aus, dass eine solche Reduktion immer und bei jedem Patienten auftritt.“ Das Tortendiagramm half Medice nicht weiter, da sich daraus nicht ansatzweise ergebe, warum ein Anteil der Patienten nicht zufrieden war. „Das muss ja nicht zwingend sein, weil bei ihnen keine Reduktion der Symptome erfolgt ist, sondern kann auch sein, weil diese sich eine noch schnellere oder eine noch intensivere Wirkung gewünscht hätten.“

Auch die Aussage, dass „alle Erkältungsbeschwerden eine deutliche Besserung im Verlauf der Erkrankung“ [sic!] zeigten, versteht der Verbraucher laut Gericht so, dass die Wirkung tatsächlich bei allen Erkältungssymptomen, also ohne irgendeine Ausnahme auftritt. „Eine andere Bedeutung des Wortes ‚alle‘ gibt es nicht.“

Nicht ohne Nebenwirkungen

Zudem befand das Gericht, dass Verbraucher:innen durch die Werbung getäuscht würden, weil der falsche Eindruck entstehe, dass bei der Einnahme von Meditonsin-Tropfen keine schädlichen Nebenwirkungen zu erwarten seien. Dabei listet die Packungsbeilage des Arzneimittels mehrere Nebenwirkungen auf, demnach könnte es nach der Einnahme sogar zu einer Erstverschlimmerung der Symptome kommen.

Besser als die Konkurrenz?

Auch der vom Hersteller dargestellte angebliche Vorteil gegenüber anderen Erklätungsmitteln ist unzulässig. „Meditonsin aktiviert im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes die Selbstheilungskräfte, versetzt das Immunsystem in Alarmbereitschaft und ermöglicht so den Körper, selbst noch effektiver und schneller gegen den Infekt vorzugehen“, hatte der Hersteller geworben und behauptet: „Dies ist ein entscheidender Vorteil des natürlichen Arzneimittels, insbesondere auch im Vergleich zu vielen chemisch-synthetischen Arzneimitteln, die ausschließlich die Symptome unterdrücken.“

„Hiermit wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte der Ansicht ist, das von ihr vertriebene Produkt sei den genannten chemisch-synthetischen Arzneimitteln überlegen“, heißt es im Urteil. Dies sei aber unzulässig, auch wenn kein konkretes Produkt genannt werde. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden; Medice hat die Werbung bislang nicht umgestellt.

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