Manfred Schneider, ehemaliger Inhaber der BerlinApotheke, hat die Mehrheit am börsennotierten Herstellbetrieb Medios abgegeben. Im zweiten Anlauf konnte er 15 Prozent der Anteile verkaufen, sodass der Streubesitz auf 55,5 Prozent steigt.
Insgesamt wurden im Rahmen einer Privatplatzierung knapp 2,2 Millionen Aktien verkauft. Das Angebot richtete sich ausschließlich an institutionelle Investoren und wurde von der Investmentbank Berenberg begleitet. Schneider hält nun noch rund 41 Prozent; 180 Tage lang darf er keine weiteren Anteile abgeben.
„Die erfolgreiche Privatplatzierung durch unseren Kernaktionär kommt Medios gleich dreifach zugute: Zum einen steigt der Streubesitz, zum anderen erhöht sich die Liquidität der Aktien. Darüber hinaus wird unsere Präsenz am Kapitalmarkt gestärkt. Davon können sowohl bestehende als auch potenzielle Anleger langfristig profitieren“, sagte Finanzchef Matthias Gärtner.
Profitieren sollen die Anleger vor allem von der Geschäftsausweitung. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz um 29 Prozent auf 328 Millionen Euro, in diesem Jahr sollen 400 bis 410 Millionen Euro drin sein. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) erhöhte sich um 42 Prozent auf 12,1 Millionen Euro.
„2018 war dank der konsequenten Umsetzung unserer Wachstumsstrategie und der anhaltend hohen Nachfrage nach individualisierten Therapien ein weiteres Rekordjahr für Medios. Wir haben unser Partnernetzwerk vergrößert, das Produktangebot ausgebaut und die Indikationsbereiche erweitert“, so Schneider. „Im Geschäftsjahr 2019 wollen wir unseren dynamischen Wachstumskurs fortsetzen. Dazu investieren wir insbesondere verstärkt in den Aufbau eines neuen Geschäftsbereichs ‚Arzneimittelsicherheit‘ und in die Etablierung unserer neuen Marke ‚Medios Apotheke‘.“
Schneider hatte im Oktober angekündigt, sich von einem größeren Paket trennen zu wollen. Doch die Transaktion wurde wegen des volatilen Börsenumfelds erst einmal verschoben. Für Schneider ging es um viel Geld: Noch im Sommer notierte die Aktie bei rund 23 Euro, bei diesem Preis wäre das Paket mehr als 40 Millionen Euro wert gewesen. Aktuell wird das Papier für etwas mehr als 14 Euro gehandelt, entsprechend knapp 26 Millionen Euro.
Doch auch wenn er das Paket wohl nicht zum besten Preis abgeben konnte, hat sich der Börsengang für Schneider wohl gelohnt. Selbst nach dem Verkauf wären seine verbleibenden Anteile nach den jüngsten Kursen zwischen 85 und 140 Millionen Euro wert. Bei einem kompletten Verkauf der Firma beispielsweise an einen Finanzinvestor hätte er wohl keinen annähernd so hohen Preis erzielen können wie jetzt am Kapitalmarkt.
Zum Vergleich: Als der Apotheker das Unternehmen – bestehend aus Herstellbetrieb und Spezialgroßhändler – 2017 an die Börse brachte, musste er nur einen Bruchteil der Anteile für den Firmenmantel abgeben. 19 Millionen Euro sammelten er und sein Finanzchef Matthias Gärtner in einem ersten Schritt an Kapital ein, der Preis je Aktie lag damals bei rund 7 Euro.
Aussteigen will Schneider aber vorerst nicht, sein Vertrag als Vorstandsvorsitzender wurde bis Ende 2020 verlängert. Aktuell hat Medios mehr als 140 Partnerapotheken; mittelfristig soll die Anzahl auf 300 erhöht werden. Langfristig sieht Schneider sogar ein Potential von rund 1000 Partnerapotheken. Hintergrund ist, dass die Nachfrage nach individualisierten Medikationen deutlich steigt.
Medios ist – nach dem Verkauf der Zyto-Sparte von GHD an Zytoservice – einer der beiden großen Player im Bereich der Specialty-Therapien. Im März hatte Medios weitere Geschäftsbereiche der BerlinApotheke übernommen. Konkret wurde die Sterilherstellung nicht-zytostatischer Produkte unter das Dach des Unternehmens gebracht. Im Gegenzug erhielt Schneider noch einmal 900.000 Aktien. Zuvor hatte Medios einen Standort von GHD übernommen. In einem Gewerbegebiet in Charlottenburg sollen noch in diesem Jahr alle Tochterfirmen unter einem gemeinsamen Dach zusammenziehen.
Weitere größere Anteilseigner sind mit jeweils rund 3 Prozent Claudia Neuhaus (Witzleben-Apotheke) sowie Marcel Jo Maschmeyer, Sohn von TV-Investor Carsten Maschmeyer. Im Rahmen einer strategischen Allianz wurden vor einem Jahr ein ähnliches großes Paket an den aus der Hamburger Cranach-Apotheke von Martin Hesse hervorgegangenen Spezialgroßhändler Cranach Pharma abgegeben.
Die BerlinApotheken gehören Schneider nicht mehr. Seit 1. Juni führt seine bisherige OHG-Partnerin Anike Oleski den Verbund mit vier Apotheken alleine.
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