Pharmahersteller

Meda: Madaus war gestern

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Berlin -

Ab 1. April ist Rottapharm/Madaus in Deutschland Geschichte. Dann übernimmt Meda den Vertrieb von Produkten wie Dona, Calcigen, Salviathymol, Sagella, Legalon und Echinacin. Die Packungen werden sukzessive umgestellt, die Ware im Markt bleibt verkehrsfähig. Personell hat es bereits eine ganze Reihe von Änderungen gegeben; wo Stellen noch immer doppelt besetzt sind, wird jetzt nach einem sozialen Auswahlverfahren entschieden.

Bis zum 27. März werden Auftragsannahme, Lieferung und Rechnungsstellung wie bisher abgewickelt, danach gehen alle Bestellungen an Meda. Das Madaus-Lager in Köln-Hohlweide wurde bereits geschlossen und die Ware an eine Spedition übergeben. Künftig gibt es im Direktgeschäft nur noch Überweiseraufträge, denn der schwedische Hersteller hat keinen eigenen Warenausgang. Die Betreuung der Apotheken übernimmt das Service-Center in Bad Homburg.

Schon im Oktober war durchgesickert, dass die Produktion im 1996 eröffneten und 2003 erweiterten Werk in Troisdorf zwar erhalten bleiben soll, die Zentrale in Köln-Holweide aber geschlossen wird. Kurz vor dem Jahreswechsel kündigte der neue Deutschlandchef Dan Furrer bei einer Betriebsversammlung an, dass der Vertrieb integriert und die Verwaltung in Bad Homburg konzentriert werden sollten. Furrer war für die Integration aus der Schweiz nach Bad Homburg geholt worden.

Einige Madaus-Mitarbeiter haben bereits Ausstiegsangebote angenommen, die verbliebenen haben seit März Arbeitsverträge mit Meda. Geschäftsführer Freddy Santermans hat eine neue Position bekommen, genauso wie Marketingchefin Anja Dabelstein. Vertriebsleiterin Dr. Iris Zimmermann ist dagegen dem Vernehmen nach weg, genauso Harald Griebel, einer von vier Regionalleitern.

Die Madaus-Außendienstler waren zuletzt kalt gestellt und durften nur Apotheken besuchen, die Meda bislang nicht auf dem Schirm hatte. Jetzt müssen sie sich auf die neu ausgeschriebenen Vertriebsgebiete bewerben; künftig soll es drei Regionalleiter mit je zehn Gebieten geben. Da bislang bei Madaus und Meda jeweils nur etwas mehr als 20 Mitarbeiter im Einsatz waren und die ersten Kollegen bereits weg sind, dürfte es keinen allzu großen Aderlass in diesem Bereich mehr geben.

Nichtsdestotrotz kommt der Schichtwechsel ungünstig. Denn für die Zeit nach Ostern ist bei Meda eine neue Kampagne für CB12 geplant, die neuen Schwung in das Geschäft bringen soll. OTC-Chef Volker Lamp will neue Käufergruppen erreichen, die Ansprache der Apotheken ist für Ende März beziehungsweise Anfang April geplant.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kommunikation im Unternehmen nach wie vor alles andere als rund läuft: Zwar hat es bereits Treffen der neuen Teams gegeben, doch was beispielsweise die Vertriebsübernahme angeht, wurden die Außendienstler erst zeitgleich mit den Apotheken informiert. Eigentlich hatte Konzernchef Dr. Jörg-Thomas Dierks die Losung ausgegeben, den Madaus-Mitarbeitern bei der Integration mit Transparenz und Respekt zu begegnen.

Meda hatte Rottapharm Ende Juli für umgerechnet knapp 2,3 Milliarden Euro gekauft, kurz zuvor war der eigentlich geplante Börsengang des italienischen Familienunternehmens überraschend abgesagt worden. Im Oktober hatten die Behörden der Übernahme zugestimmt.

Die Rottapharm-Eigentümerfamilie um Professor Dr. Luigi Rovati erhielt Meda-Aktien im Wert von 360 Millionen Euro, das entspricht 9 Prozent am Gesamtkapital. Größter Aktionär bei Meda ist die Reederei Stena, hinter der die Olsson-Familie steht.

60 Prozent des kombinierten Umsatzes von 1,8 Milliarden Euro entfallen künftig auf Rx-Medikamente, der Rest auf den OTC-Bereich. Wichtigstes Produkt ist mit Erlösen von 88 Millionen Euro Dona, vor Tambocor, Betadine, Dymaista, Aldara und Elidel. Auf Platz 7 folgt Sagella mit 44 Millionen Euro vor Epipen, Legalon und Astepro.

In Deutschland kam Meda zuletzt auf Erlöse von rund 150 Millionen Euro. Wichtigste Produkte im OTC-Bereich sind Kamillosan, CB12, Endwarts, Naloc, Allergodil und Transpulmin. Vom Madaus-Umsatz von zuletzt rund 60 Millionen Euro entfielen jeweils knapp 20 Prozent auf Kontrazeptiva und Urologika, je 10 Prozent auf Go-on und Dona sowie je 5 Prozent auf Calcigen, Salviathymol, Sagella und Legalon. Das Traditionsprodukt Echinacin ist mit einem Anteil von 2 Prozent nur noch von untergeordneter Bedeutung.

Madaus war 1919 gegründet worden und Ende der 1990er Jahre in eine existenzbedrohende Krise geraten. Um den Konkurs abzuwenden, holt die Eigentümerfamilie den Berater Walter Droege ins Unternehmen, der nach und nach 93 Prozent der Anteile erwarb und 2007 die komplette Firma für rund 600 Millionen Euro an Rottapharm verkaufte.

Insgesamt arbeiteten bei Madaus zuletzt knapp 240 Mitarbeiter in der Produktion, 120 im Vertrieb, 50 in der Verwaltung und mehr als 30 in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung.

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