2 bis 4 Prozentpunkte – mehr soll McKesson bei Celesio zur Dreiviertelmehrheit nicht gefehlt haben. So platzte der Deal. Wie es passieren konnte, dass der US-Konzern beim vermutlich wichtigsten Großprojekt in seiner Geschichte die Zügel derart locker ließ, weiß derzeit niemand. Auch dem Hedgefonds Elliott hätte man zutrauen können, im Vorfeld genügend Aktien oder Mitinvestoren einzusammeln, um das Geschäft wasserdicht zu machen. Jetzt herrscht Katerstimmung in Stuttgart und Duisburg, San Francisco und New York.
Eigentlich wollte McKesson den erfolgreichen Abschluss des Megadeals gestern bei einer Konferenz der Investmentbank J.P. Morgan präsentieren. Doch im Laufe des Nachmittags europäischer Zeit wurde klar, dass irgendetwas schief gelaufen sein musste: Das Ergebnis der Stimmauszählung ließ auf sich warten. Um kurz vor 19 Uhr – also 10 Uhr Ortszeit – kam die offizielle Mitteilung: 75 Prozent waren nicht zusammen gekommen, der Deal geplatzt. Parallel nahm der US-Großhändler die Website mit den Angebotsunterlagen, globalhealthcareleader.com, vom Netz.
Schon am Wochenende musste den Amerikanern klar geworden sein, dass es knapp werden könnte. Bis Donnerstag um Mitternacht hatten die Aktionäre Zeit gehabt, McKesson ihre Anteile anzudienen. Nur Stunden zuvor hatte sich der US-Großhändler mit Elliott geeinigt und sein Angebot von 23 auf 23,50 Euro erhöht.
Das 50-prozentige Paket des Duisburger Mischkonzerns Haniel hatte sich McKesson schon Ende Oktober gesichert. Kurz darauf hatte Elliott 22 Prozent der Aktien eingesammelt. Für den Hedgefonds war das genug, um den Deal zu torpedieren: Inklusive der Wandelanleihen, mit denen Elliott Kasse machen wollte, war die gesetzte Schwelle von 75 Prozent für McKesson in Gefahr.
Dass keiner der Protagonisten erkannt haben will, dass 50 plus 22 noch nicht 75 sind, ist unwahrscheinlich. Genau genommen stand der Deal sogar auf noch wackeligeren Beinen: Die Anleihen mitgerechnet, die die Inhaber am Ende der Laufzeit gegen Aktien einlösen können, kommt Haniel nämlich auch nur auf 40 Prozent. McKesson wollte die Dreiviertelmehrheit aber bezogen auf alle möglicherweise irgendwann gehandelten Aktien.
Vermutlich kalkulierten die Hauptdarsteller einfach damit, dass die Statisten zur vorgegebenen Gage mitspielen würden. Um die restlichen 3 Prozent vorab einzusammeln, hätte irgendjemand 12 Millionen Euro auf den Tisch legen müssen – ein Klacks verglichen mit dem Gesamtvolumen von mehr als 6 Milliarden Euro. Dazu wären noch die Anleihen gekommen. Wenn Haniel und vielleicht auch McKesson wegen ihrer Vereinbarung tatsächlich die Hände gebunden waren, hätte eben Elliott etwas für sein Geld tun müssen.
Doch der Hedgefonds hat offenbar überreizt: Elliott hatte am Donnerstag nur versprochen, 16 Prozent der Aktien anzudienen – der Rest sollte vermutlich für später aufgehoben werden. Hätte McKesson nämlich 95 Prozent eingesammelt, hätte es eine Abfindung für die verbliebenen Aktionäre geben können.
Ganz ähnlich werden die anderen Anleger kalkuliert haben. Immerhin kostete die Celesio-Aktie einmal 55 Euro, das war nach der DocMorris-Übernahme vor fünf Jahren. Der Tiefpunkt von weniger als 10 Euro vor anderthalb Jahren war auch hohen Abschreibungen geschuldet.
Über die Frage, wer die Celesio-Übernahme letztendlich boykottiert hat, kann freilich nur spekuliert werden. Bisher gab es neben Haniel nur institutionelle und private Kleinanleger. Dass im Windschatten von Elliott andere Hedgefonds Aktien eingesammelt hatten, war bekannt – zumindest einen Teil von ihnen hätte McKesson also zu denselben Konditionen befrieden müssen wie Elliott. Hinterher ist man schlauer.
So lief die Frist aus, und das an Bedingungen geknüpfte Angebot wurde ungültig. McKesson kommt das teuer zu stehen: Denn die komplette Transaktion wird nun rückabgewickelt. Anleger, die das Angebot angenommen haben, bekommen ihre Aktien zurück. Auch Elliott ist nun für das Erste bei Celesio gefangen.
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