Mayd ist insolvent. Doch die Partnerapotheken wurden nicht vorab über das nahende Aus informiert. Zwar war ihnen die finanzielle Schieflage bekannt und auch, dass der Lieferdienst frisches Geld einsammeln wollte. Dass es dann jedoch ganz schnell ging, lässt offene Fragen und ein volles Warenlager zurück.
Am 19. Juni meldete der Lieferdienst Insolvenz an. Es wurde ein Insolvenzverwalter bestellt. Zwei Tage zuvor war die App nicht mehr erreichbar. „Ab 15 Uhr ging nichts mehr“, erinnert sich ein Apotheker aus Berlin. Mayd habe mitgeteilt, dass es Probleme bei der Zahlungsabwicklung der Bestellungen gebe, dass das Problem aber zeitnah wieder behoben werde. Doch dazu kam es nicht. Auch am Folgetag konnten keine Bestellungen ausgelöst werden.
„Dass Mayd in finanziellen Schwierigkeiten steckt und nach Investoren gesucht hat, wussten wir“, so der Apotheker. Einen zweistelligen Millionenbetrag soll Mayd an Verlust gemacht haben. Doch die Hoffnung war groß, dass es mit einer weiteren Finanzierungsrunde klappt. Schließlich hatte das Start-up 2022 schon einmal frisches Kapital eingesammelt, denn die schnelle Expansion in 70 deutsche Städte forderte Tribut. Nachdem zum Start 2021 verschiedene Risikokapitalgeber rund 15 Millionen US-Dollar investiert hatten, konnten Anfang 2022 in einer zweiten Runde noch einmal 30 Millionen Euro eingeworben werden. Doch dieses Mal gab es nichts.
„Die Information, dass es keine Bestellungen mehr geben wird und Mayd insolvent ist, haben wir zuerst aus der Presse erhalten. Mayd selbst hat uns erst einige Stunden später informiert. Aber da war die Sache schon klar“, so der Apotheker. „Es war nur eine Frage der Zeit. Wir konnten zusehen, wie die Bestellungen immer weniger wurden. Das hat sich für Mayd nicht mehr gerechnet.“
Für die Apotheke war der Lieferdienst dennoch ein Gewinn. „Wir haben Kunden erreicht, die sonst nicht zu uns in die Apotheke gekommen wären. Vor allem die Jungen, die alles online bestellen und in wenigen Minuten geliefert bekommen wollen. Das können wir über den eigenen Botendienst in der Schnelligkeit kostentechnisch nicht abdecken.“
Im Winter 2022 hatten zwei Mitarbeiter noch mehrere hundert Bestellungen am Tag bearbeitet. Zuletzt waren es Tag manchmal nur zehn Tüten, die von der Apotheke gepackt und von den Uber-Fahrern abgeholt wurden. Denn um Kosten zu sparen, hatte Mayd die eigenen Rider schon vor Monaten entlassen und auf die Auslieferung durch Uber umgestellt. „Gespart wurde zuletzt überall, auch bei den Zugaben und schon länger bei den Rabatten. Zum Start wurde das Geld nur so rausgeworfen. War eine kleine Packung, die der Kunde bestellt hatte, nicht vorrätig, wurde die größere geliefert und Mayd hat 25 Prozent der Kosten übernommen. Auch die Differenz der Mayd-Angebote zu unseren Preisen wurde uns zu Beginn erstattet.“
„Wir hatten die Hoffnung, dass Mayd in die Uber-Eats-App integriert wird und dann wieder mehr Bestellungen ausgelöst werden. Analog zu Sanvivio, die mit dem Essenslieferdienst Wolt eine Partnerschaft haben und Kund:innen über die Wolt-App in der Apotheke bestellen können.“
Eine gute Nachricht gibt es für die Apotheke: Außenstände gibt es keine, Mayd hat alle Zahlungen an die Apotheke geleistet. „Zahltag war immer der Mittwoch. Wir haben am 19. und 26. Juni noch Geld bekommen.“ Allerdings lief die Auszahlung auch nicht über Mayd selbst, sondern über einen Dienstleister.
Auf dem eigens für die Mayd-Bestellungen angelegten Warenlager bleibt die Apotheke allerdings sitzen. Doch der Apotheker zeigt sich entspannt. „Dann verkaufen wir die Ware zwar nicht in drei Monaten, sondern hoffentlich in einem Jahr.“
Mayd hatte zuletzt mit mehreren Gerichtsverfahren zu kämpfen. Kürzlich hatte die Wettbewerbszentrale gegen den Lieferdienst geklagt, da aus ihrer Sicht die Auslieferung an Kund:innen einen „typisch werktäglichen Charakter“ habe, wenn diese am Sonntag auslieferten.
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