Gütesiegel gibt es wie Sand am Meer. Jetzt will das Deutsche Kundeninstitut (DKI) die Apotheken mit einer neuen Auszeichnung beglücken: Für 500 Euro Jahresbeitrag können sich Apotheken als „Top Apotheken vor Ort“ prämieren lassen. Unterschreiben müssen sie dafür in einer Art „Ehrenerklärung“, dass sie kompetent beraten, besten Service anbieten, nah am Kunden sind und ein breites Angebot bereit halten. Kontrolliert wird nicht, allerdings können sich Kunden via Internet beschweren, wenn es in der Apotheke doch nicht ganz so top zuging.
Entstanden ist die Idee Anfang des Jahres: Angeregt durch die intensive Diskussion über das Rx-Versandverbot und die Wettbewerbsnachteile für die Vor-Ort-Apotheken als Folge des EuGH-Urteils befragte das DKI über 1000 Verbraucher zu ihrer Einstellung zu Apotheken. Heraus kam, dass die Kunden vor allem die schnelle Versorgung mit Medikamenten sowie die qualifizierte Beratung durch ihren Apotheker vor Ort schätzen. Laut Befragung halten 82 Prozent der Deutschen ihre Apotheke vor Ort für wichtig oder sehr wichtig. Vor allem schätzen sie die schnelle Versorgung mit Medikamenten – entweder sofort zum Mitnehmen oder per kostenloser Lieferung noch am selben Tag (91,9 Prozent), auch nachts und am Wochenende oder an Feiertagen – sowie die persönliche Beratung des Apothekers (84 Prozent).
„Dass sich die Verbraucher derart deutlich für die Vorteile der Präsenzapotheken aussprechen, hat uns überrascht und war Anlass, die Initiative 'Top Apotheke vor Ort' ins Leben zu rufen“, so DKI-Geschäftsführer Jörn Hüsgen. „Wir wollen mit der Initiative einen Beitrag dazu leisten, dass Verbraucher auch künftig die Vorteile der Apotheken vor Ort in Anspruch nehmen können, auf die sie so großen Wert legen.“
In den sogenannten Regeln finden sich für engagierte Apotheker aber nur gängige Selbstverständlichkeiten: „Top-Apotheken gehen im persönlichen Gespräch auf die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden ein und führen eine individuelle Beratung durch. Der Gesundheitszustand des Kunden steht stets im Mittelpunkt“, heißt es dort beispielsweise. Krankheitssymptome sollen erfragt und hinsichtlich Zeitraum, Häufigkeit und Ursachen analysiert werden. Ebenso sollen die aktuelle Medikamenteneinnahme erfragt und gegebenenfalls ein Arztbesuch empfohlen werden, „damit die Grenzen einer Selbstmedikation nicht überschritten werden“. „Top-Apotheken bieten zusätzlich einen speziellen Kompetenzbereich wie Homöopathie, Haut, Ernährung oder Familie und Kind an“, heißt es weiter.
Zur zweiten Regel „Bester Service“ findet sich Folgendes: „Top-Apotheken haben die wichtigsten Medikamente stets vorrätig. Sollte ein Medikament dennoch nicht vorrätig sein, unternehmen Top-Apotheken ihr Möglichstes, um dieses Medikament schnellstmöglich, im Idealfall noch am selben Tag zu besorgen.“ Bei Bedarf liefert die Apotheke das Medikament zusätzlich frei Haus. Über die nächste Notfall-Apotheke werde stets vor Ort und online informiert. Top-Apotheken schafften zudem Vorteile für den Verbraucher durch Aktionen, Bonusprogramme oder einer Kundenkarte.
Nah am Kunden definiert die Initiative ebenfalls mit Alltäglichkeiten: „Top-Apotheken besitzen mindestens eine physische Niederlassung und garantieren damit den Verbrauchern eine sichere Arzneimittelversorgung vor Ort. Sie übernehmen damit ein Stück gesellschaftliche Verantwortung.“
In die Definition für das „breite Angebot“ greift die Initiative ebenfalls auf alt bekannte Formel zurück: „Top-Apotheken versorgen ihre Verbraucher nicht alleine mit Medikamenten. Sie bieten darüber hinaus wichtige Zusatzleistungen, die nur eine Apotheke vor Ort bieten kann. Neben Beratungsgesprächen zu Themen wie Haus-/Reiseapotheke, IGeL-Leistungen, Medikamentenmanagement bieten sie auch Leistungen wie Blutdruckmessungen, Hautuntersuchungen und Blutuntersuchungen (Diabetes) an. Bei Auffälligkeiten erfolgt ein Verweis an einen Arzt. Leihgeräte wie Blutdruckmessgeräte oder Milchpumpen gehören ebenso zur Angebotspalette.“
Laut Initiatoren bietet das die Auszeichnung „Top-Apotheke“ den Kunden Verbrauchern Orientierung und „stärkt ausgezeichnete Präsenzapotheken im Wettbewerb“. Ausgezeichnet werden Apotheken, die sich zur Einhaltung von vorgegebenen Qualitätskriterien verpflichten. Laut DKI muss bei der individuellen Beratung des Kunden stets dessen Gesundheitszustand im Mittelpunkt stehen. „Ein Top-Kundenservice gehört zum Pflichtprogramm, ebenso das Erbringen kostenloser Zusatzleistungen wie Medikamentenmanagement, das Zusammenstellen von Haus- und Reiseapotheke oder das Vorhalten von Leihgeräten“, so die Werbung.
Die Einhaltung der Versprechen überlassen die Initiatoren den Kunden. Das spart Geld. „Die Initiative Top-Apotheke fordert auch die Verbraucher“, so Hüsgen. Kunden könnten auf der Website der Initiative nicht nur nach einer Top-Apotheke suchen und neue Top-Apotheken vorschlagen, sondern Schiedsrichter spielen: „Verstößt eine Apotheke gegen ein Qualitätskriterium, können die Kunden dies auf der Website der Initiative melden.“ Häufen sich Kundenhinweise, will die Initiative mit dem Apotheker besprechen, wie die wahrgenommenen Defizite behoben werden können. Tritt danach keine Verbesserung ein, soll dies in letzter Konsequenz zur Aberkennung des Siegels führen.
Bisher sind erst fünf „Top-Apotheken“ aus dem Raum Düsseldorf, dem Sitz der Initiative und eine aus Gelsenkirchen ausgezeichnet. Zwei Mitarbeiterinnen kümmern sich um die Akquise. Weil dem DKI das Know-how im Apothekenbereich fehlt, wurde ein Beirat ins Leben gerufen. Der wird geleitet von Dr. Norbert Hoff, über 40 Jahre Inhaber der Greif-Apotheke in Vellmar bei Kassel. Daneben war er mehrere Jahre Beisitzender Richter am Verwaltungsgericht Kassel in der Kammer für Heilberufe. Das DKI ist nach eigenen Angaben ein Marktforschungsinstitut. Geschäftsführende Gesellschafter sind Nicole Gründgens und Hüsgen, die auch das Gütesiegel verantworten. Daneben führen beide die Kommunikationsagentur „VierPartner“.
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