Wenn es einmal nicht so gut in einem Unternehmen läuft, geht das Manager Magazin mit den Chefs hart und robust ins Gericht. Nicht so bei Walter Oberhänsli. Das Flaggschiff der Wirtschaftsmagazine feiert den Vorstandsvorsitzenden der Zur Rose Gruppe als Unternehmergenie und hebt ihn auf eine Stufe mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Amazon-Chef Jeff Bezos oder Google-Chef Sundar Pichai.
Dabei wirkt Oberhänsli auf die Autoren eher bieder und nicht so wie die dynamischen Silicon-Valley-Aufsteiger. Er sei „der Gegenentwurf eines Digitalunternehmers“. Den vornehmen Schweizer Herrn sehe man öffentlich selten ohne Krawatte und nie ohne Einstecktuch. Der Rechtsanwalt sei eher zufällig Apotheken-Geschäftsmann geworden, „weil es in seinem Heimatdorf keine Apotheke gab, er aber eine passende Immobilie zur Verfügung hatte“.
Heute führe er als Gründer und Vorstandschef die Schweizer Zur Rose Group, die 2017 knapp eine Milliarde Franken Umsatz gemacht habe. Weil zur Schweizer Versandapotheke Zur Rose auch und vor allem DocMorris als europäischer Marktführer der Versandapotheken gehöre, sei Oberhänsli für um ihre Privilegien fürchtenden deutschen Apotheker „gewissermaßen der Gottseibeiuns“. Denn DocMorris wachse derzeit rasant, im ersten Quartal 2018 um 39 Prozent.
Alles habe damit begonnen, dass Oberhänsli 2012 dem früheren Stuttgarter Großhändler Celesio, jetzt McKesson, dessen ungeliebtes Kind DocMorris für 25 Millionen Euro abgekauft habe. Seitdem habe der Schweizer viel Geld in die neu erworbene Tochter gesteckt, um das Wachstum zu finanzieren. Ein großes Verteilzentrum sei im niederländischen Heerlen gebaut worden und „eine knapp 30 Millionen Euro teure Werbekampagne der Agentur Heimat hat die Markenbekanntheit von DocMorris nach oben getrieben“. Nach einer von DocMorris bei der GfK in Auftrag gegebenen Studie sei 66 Prozent der erwachsenen Bundesbürger der Name DocMorris bekannt.
Mit dem von Zur Rose bei Investoren eingesammelten Geld habe DocMorris zahlreiche Wettbewerber übernommen, etwa Vitalsana und jetzt das Versandgeschäft der Hamburger Apo-Rot-Apotheke mit einem Umsatz von jährlich 100 Millionen Euro. Auch mit den 22 Vor-Ort-Apotheken als Partner von Apo-Rot könnte es künftig eine Kooperation geben.
Diese Investitionen könnten sich bald auszahlen, orakelt das Manager Magazin, dass stets für freien Wettbewerb und Abbau von Reglementierungen eintritt. Oberhänsli sei dabei abhängig von einer politischen Entscheidung der Bundesregierung, konkret vom neuen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Frage sei, ob und wie er das in der Koalitionsvereinbarung verlangte Verbot für Versandapotheken umsetze, verschreibungspflichtige Medikamente zu verkaufen.
Nach einem Gespräch zwischen Spahn und Vertretern der Apothekerlobby gebe es zwar immer noch keine Klarheit, weil Stillschweigen vereinbart worden sei. Aber inzwischen wüchsen die Zweifel, dass das Verbot tatsächlich kommt. Auch der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich habe schließlich von dem Vorhaben Abstand genommen.
Dem Aktienkurs von Zur Rose habe der Koalitionsvertrag nur kurzfristig geschadet, so das Manager Magazin. Offensichtlich spekulierten einige Investoren darauf, dass DocMorris weitgehend unbeschadet aus der politischen Debatte herauskomme. Marktteilnehmer sähen in der Kurssteigerung erste Anzeichen für eine mögliche Übernahme, spekuliert das Wirtschaftsmagazin. Allerdings handele es sich bei möglichen Käufern nicht – wie verschiedentlich angenommen – um den Versandriesen Amazon, heiße es in Finanzkreisen. Denkbar wären laut Manager Magazin eher andere onlineaffine Händler wie Otto oder Douglas oder auch Private-Equity-Firmen.
Jedenfalls könne Oberhänsli trotz aktueller Verluste guten Mutes sein. Der Wert von DocMorris habe schon vor dem aktuellen Apo-Rot-Deal bei mehr als 350 Millionen Euro gelegen: „Das wäre eine Vervierzehnfachung des Wertes seit dem Kauf 2012 – das hat durchaus Silicon-Valley-Format.“
In der Tat hatte Oberhänsli bei der Zur Rose Generalversammlung leichtes Spiel, die allen Vorschlägen zustimmte. An der 25. ordentlichen Generalversammlung der Zur Rose Group AG genehmigten die Aktionäre den Lagebericht sowie die Jahres- und Konzernrechnung 2017. Bezüglich der Verwendung des Bilanzgewinns wurde der Antrag, den gesamten der Generalversammlung zur Verfügung stehenden Betrag auf neue Rechnung vorzutragen, angenommen. Weiter erteilten die Aktionäre dem Verwaltungsrat und der Gruppenleitung für ihre Tätigkeit im Berichtsjahr Entlastung. Die sich für eine weitere Amtsperiode von einem Jahr zur Verfügung stellenden Verwaltungsräte Professor Dr. Volker Amelung, Dr. Heinz O. Baumgartner, Professor Dr. Stefan Feuerstein, Vanessa Frey, Walter Oberhänsli und Dr. Thomas Schneider wurden wiedergewählt. Ebenfalls wurde der amtierende Verwaltungsratspräsident Feuerstein für eine weitere Periode von einem Jahr in seinem Amt bestätigt.
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