OLG: Irreführung mit Öko-Test Patrick Hollstein, 16.06.2014 15:20 Uhr
Öko-Test und andere Siegel sind immer häufiger auch auf Produkten aus der Apotheke zu finden. Mittlerweile hat sich eine ganze Branche auf den Verkauf solcher Empfehlungen spezialisiert. Zumindest Arzneimittelhersteller sollten aber vorsichtig sein, was die Nutzung solcher Zertifikate angeht. Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) sieht jedenfalls in solchen „Empfehlungen“ einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht – und im Zweifelsfall sogar eine Irreführung der Verbraucher.
Im konkreten Fall ging es um eine Werbung für den antimykotischen Nagellack Ciclopoli (Ciclopirox). Dem Hersteller Taurus Pharma war bereits 2010 die Werbeaussage „Öko-Test Gesamturteil sehr gut“ gerichtlich verboten worden. Doch nachdem das Heilmittelwerbegesetz (HWG) geändert wurde, wollte das Unternehmen die einstweilige Verfügung aufheben lassen.
Vor der Gesetzesänderung waren außerhalb der Fachkreise Werbeaussagen verboten, nach denen „das Arzneimittel, das Verfahren, die Behandlung, der Gegenstand oder das andere Mittel ärztlich, zahnärztlich, tierärztlich oder anderweitig fachlich empfohlen oder geprüft ist oder angewendet wird“. Nach der Neuregelung verboten sind „Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die auf Grund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, beziehen“.
Vor Gericht wurde nun darüber gestritten, ob die Bewertung durch Öko-Test noch eine solche unzulässige Empfehlung ist. Anders als das Landgericht vertraten die Richter in der zweiten Instanz die Auffassung, dass nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen von der Vorschrift erfasst sind: „Die Vorschrift will den Gefahren einer Selbstmedikation begegnen, die mit einer Werbung unter Inanspruchnahme einer fachlichen Autorität verbunden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die fachliche Autorität von einer natürlichen oder juristischen Person ausgeht.“
Im Gegenteil: Eine „gut bekannte Institution wie die Zeitschrift 'Öko-Test'“ könnte Verbraucher sogar stärker beeinflussen als ein dem Publikum namentlich nicht bekannter Wissenschaftler. „Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises gewährleistet 'Öko-Test' die fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit der testenden Personen, worauf der Verbraucher auch vertraut.“
Es liege daher auf der Hand, dass die Aussage „Öko-Test Gesamturteil sehr gut“ geeignet sei, bei Verbrauchern eine den Arzneimittelverbrauch anregende Wirkung zu erzeugen. „Mit der Attestierung eines sehr guten Testergebnisses wird unterschwellig eine Empfehlung für das Produkt ausgesprochen. Jedenfalls fassen die Verbraucher dies so auf“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Allerdings zweifeln die Richter zugleich auch an der Seriösität des Siegels: Der Verweis auf das Testergebnis suggeriere eine umfassende Prüfung des Produkts, die in Wahrheit nicht stattgefunden habe. Insbesondere sei die Wirksamkeit nicht durch Öko-Test untersucht worden; hier sei alleine auf die Zulassung Bezug genommen worden. Allenfalls hätten die Tester auf bedenkliche oder umstrittene Hilfsstoffe geprüft – auf diese Aussage sei aber in der umstrittenen Anzeige nicht abgehoben worden.