Wo sie ihnen am besten helfen könnte, wollte die Kooperation Linda von ihren Mitgliedern wissen – und natürlich rangierte ein Dauerbrennerthema ganz weit oben: der Personalmangel. Und Linda hatte eine Idee: Die Kooperation will mit dem österreichischen Portal Apopersonal.com einem innovativen Stellenvermittler zum Durchbruch in Deutschland verhelfen.
Die Apothekenmärkte in Deutschland und Österreich ähneln sich sehr, allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Während hierzulande händeringend Apotheker:innen und PTA gesucht werden, ist es in der Alpenrepublik eher schwierig, eine Apotheke zu finden, die noch Personalbedarf hat. Die beiden richtigen Kandidaten zu matchen ist in beiden Szenarien nicht leicht – was sich bei unseren Nachbarn klar zeigt.
„In Österreich gibt es eine sehr hohe Fluktuation in den Apotheken und ich habe mich gefragt, woran das liegt“, sagt Amir Shirazi, der im burgenländischen Stegersbach die Salvator-Apotheke betreibt. „Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass das klassische Bewerbungsschreiben einfach nicht genug aussagt.“ Arbeitgeber:in und Bewerber:in müssten schlichtweg besser zueinander passen als es durch Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse vorab festgestellt werden kann. Und Shirazi hatte eine Idee.
„Das Gute an unserer kleinen Apothekenwelt ist, dass sie so überschaubar ist“, sagt er. „Jeder Handgriff ist definiert. Da dachte ich mir, das lässt sich doch bestimmt gut in einem Algorithmus verpacken.“ So entwickelte er das Konzept von Apopersonal.com: Wie auf einer Dating-Plattform werden dort Angebot und Nachfrage mittels bestimmter Parameter zusammengeführt. Anhand vordefinierter Kriterien können Apotheke und Stellensuchende ein Suchprofil anlegen, der Algorithmus gleicht die Profile dann ab und verbindet Stellenangebote und Stellengesuche entsprechend ihrer prozentualen Übereinstimmung miteinander – beide Seiten sehen dann auf einen Blick, wie gut sie zueinander passen.
Die Kriterien sind selbstverständlich ganz andere als auf einer Partnervermittlung: Shirazi hat sich nach eigenen Angaben speziell auf die Arbeitsverhältnisse konzentriert, die in Apotheken gängig sind. So können Suchende angeben, wann sie verfügbar sind – in Apotheken arbeiten überdurchschnittlich viele Beschäftigte in Teilzeit. Gleich zu Beginn tragen Arbeitnehmer:innen deshalb ein, ob sie Teilzeitstellen suchen und geben dann mit einem Schieberegler die gesuchte Wochenstundenanzahl ein, gefolgt von einer Aufstellung der Wochentage – hier kann eingetragen werden, wenn man einem bestimmten Tag nicht verfügbar ist oder in welchem Zeitfenster.
Es folgen mehrere Blöcke, in denen Arbeitsuchende konkrete Angaben zu ihren apothekenspezifischen Qualifikationen machen können: Sie können unter anderem fachliche Schwerpunkte von Homöopathie über Kosmetik bis Bachblüten angeben, aber auch Verwaltungserfahrung von der Rezeptabrechnung bis SAP. Auch die Besonderheiten, die die Coronapandemie mit sich gebracht hat, bildet das Portal bereits ab: Die Bereitschaft zur Durchführung von Corona-Schnelltests. Weitere Arbeitsbereiche, zu denen Angaben gemacht werden können, sind Warenlogistik – von der Eingangskontrolle bis zur Warenbestellung – und Marketing. Auch Standardangaben wie etwa die örtliche Eingrenzung des Standorts werden berücksichtigt.
Am Ende erhalten Suchende eine Übersicht der Apotheken, die zu ihren Qualifikationen und Wünschen passen – ausgedrückt in Prozent Übereinstimmung der Angaben. Die Suche geht dabei auch umgekehrt. „Der Arbeitgeber kann auch proaktiv Kontakt aufnehmen, allerdings erst wenn der Arbeitnehmer seine Kontaktdaten freigibt. Dann kann die Kontaktaufnahme erfolgen“, so Shirazi. In den vergangenen vier Jahren sei sein Portal kontinuierlich gewachsen. Mittlerweile würden kontinuierlich zwischen 200 und 300 der 1400 Apotheken Österreichs bei ihm inserieren. „In Österreich arbeiten insgesamt 17.000 Menschen in Apotheken, von der Putzkraft bis zur Apothekerin“, sagt Shirazi. „Wir haben allein 3500 Unique User auf der Plattform.“
Auf den deutschen Markt übertragen entspräche das den Inseraten von rund 3000 Apotheken – und das ist nun auch das Ziel, sagt Linda-Vorstand Volker Karg. Der Bedarf nach Unterstützung bei der Personalsuche sei im Rahmen des Linda-Programms „Vision L“ deutlich geworden, bei dem die Kooperation zehn Felder definiert hat, in denen ihre Mitglieder nach eigenen Angaben Unterstützung suchen.
Einer kooperationseigenen Umfrage zufolge, sind über 66 Prozent der MVDA/Linda-Mitglieder aktiv auf Personalsuche, davon rund 24 Prozent bereits länger als sechs Monate. Insbesondere Approbierte und PTA sind dabei gefragt. Ländliche Apotheken und Apotheken in Städten bis zu 100.000 Einwohnern machen demnach 70 Prozent der Personalsuchenden aus, doch auch in Großstädten besteht mit rund 20 Prozent großer Bedarf.
„Als Kooperation sehen wir es als unsere Aufgabe an, unsere Mitglieder auch im Bereich der Personalsuche zu unterstützen. Daher nimmt dieses Handlungsfeld in unserem Zukunftsprogramm ‚Vision L‘ eine wichtige Rolle ein“, sagt Karg. Über den Großhändler Phoenix sei dann der Kontakt zu Shirazi zustande gekommen. „Was für uns hochspannend war, ist, dass es sich um kein kommerzielles Modell handelt“, sagt Karg. Apopersonal.com ist für beide Seiten kostenlos, das Portal ist rein werbefinanziert – und Phoenix war der erste Werbekunde.
Gemeinsam haben Linda und Shirazi daraufhin das Portal an den deutschen Markt angepasst – im Wesentlichen seien das Anpassungen in Begrifflichkeiten und bei Produktnamen gewesen, erläutert Shirazi. So können im Portal beispielsweise auch Erfahrungen mit unterschiedlichen Warenwirtschaftssystemen und Kommissionierautomaten angegeben werden. Hier unterscheiden sich die Namen in Deutschland und Österreich.
„Das Feedback, das Linda uns da gibt, ist sehr wertvoll. Sie setzen sich tagtäglich mit den Apotheken auseinander und kennen ihre Bedürfnisse besonders gut“, sagt Shirazi. Gemeinsam soll das Portal nun in Deutschland bekannt gemacht werden, zuerst über die Linda-Netzwerk, später aber auch für die gesamte Branche. Denn das Angebot richte sich nicht nur an MDVA/Linda-Mitglieder, betont Karg. Shirazi wiederum hofft, dass das Portal auch den Arbeitnehmerwechsel zwischen Deutschland und Österreich fördert – schließlich würden die jeweiligen Probleme sich einander ergänzen.
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