Allen Kritiken zum Trotz: Der italienische Versicherungskonzern Generali weitet sein Smart-Insurance-Angebot auf den Gesundheitsbereich aus. Wer sich nachweislich gesund verhält, wird mit günstigeren Beiträgen belohnt. Außerdem werden die Versicherten mit Rabatten bei Partnern gelockt. Mit dabei sind die Linda-Apotheken.
Generali Vitality ist der dritte Bereich, in dem das neue Prämienmodell zum Einsatz kommt. Im Kern geht es darum, dass die Versicherten ihr Schadensrisiko mit vorgegebenen Maßnahmen aktiv senken und Risiken vermeiden. Bislang konnten Versicherungsnehmer profitieren, die sich beim Autofahren an die Regeln des Konzerns halten (Generali Mobility) oder die ihr Zuhause besser schützen (Generali Domocity).
Künftig werden auch Menschen belohnt, die sich gesundheitsbewusster verhalten. Generali Vitality startet am 1. Juli in Verbindung mit Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherungen. Das Programm ist freiwillig; jeder, der diese Versicherungen abschließt, kann unabhängig von Alter und Gesundheitszustand teilnehmen.
Die Kunden ermitteln zunächst ihr persönliches Gesundheits- und Fitnessniveau und legen selber ihre Ziele fest, die sie mithilfe des Programms erreichen wollen. Egal wie fit sie beim Einstieg sind: Alle Kunden beginnen mit dem gleichen Vitality Status. Dann geht es darum, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen und Punkte zu sammeln.
Kunden können zum Beispiel durch die Wahrnehmung von Vorsorgeterminen, Verzicht auf Rauchen, den Einkauf gesunder Lebensmittel oder sportliche Aktivitäten Punkte sammeln, die ihnen bei der Verbesserung ihres Status helfen. Zusätzlich werden Kunden durch Rabatte bei den Kooperationspartnern motiviert: Je mehr Punkte, desto besser der persönliche Status – von Bronze, über Silber und Gold, zu Platin.
Hier kommen die Linda-Apotheken ins Spiel. Die Kooperation gehört neben Adidas, Fitness First, Garmin und Polar, Weight Watchers, Allen Carr, Galeria Kaufhof und Expedia zu den Partnern. Hier bekommen die Generali-Versicherten aber nicht nur Rabatt, sondern auch kostenlose Gesundheitschecks angeboten. Durchgeführt werden BMI- und Taillenumfangerfassung sowie Blutzucker-, Blutdruck- und Gesamtcholesterinmessung. Für Letztere wurden alle Linda-Apotheken mit einem Messgerät der Firma Roche kostenfrei ausgerüstet.
Das Programm der Generali passt laut Dr. Sven Simons, Präsidiumsmitglied des MVDA und Vorsitzender der Kommission Pharmazeutische Kompetenz, in das bestehende Angebot und die Philosophie der Linda-Apotheken. „Jede einzelne Mitgliedsapotheke kann innerhalb dieser einzigartigen Kooperation ihre pharmazeutische Kernkompetenz eindrucksvoll unterstreichen und hervorheben.“
Damit habe man das Ziel erreicht, bei gesundheitsbezogenen Leistungen systematisch auch im präventiven Bereich berücksichtigt zu werden. „Auf diese Leistung können wir stolz sein und freuen uns auf die Umsetzung des Programms.“
Kritiker hatten der Generali schon vor mehr als einem Jahr vorgeworfen, Versicherte nach Risikostatus zu selektieren. Anfang 2015 hatte der Konzern mit seiner Ankündigung für Schlagzeilen gesorgt, die Weiterleitung von Gesundheitsdaten via App mit Gutscheinen, Geschenken und Rabatten zu belohnen. Die Verbraucherzentralen warnten damals vor einem sorglosen Umgang mit persönlichen Daten bei digitalen Gesundheitsangeboten.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, niemand dürfe „faktisch dazu gezwungen werden, so intime Daten wie die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit beim Joggen oder die Häufigkeit des Trainings im Fitnessstudio zu veröffentlichen“. Er wollte deshalb prüfen lassen, „die Verwendung bestimmter Gesundheitsdaten auf Grundlage des neuen EU-Datenschutzrechts einzuschränken“. Insbesondere die Krankenkassen dürften Daten aus Fitness-Trackern nicht dazu verwenden, besondere Tarife anzubieten.
Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff warnte vor Fitness-Apps der privaten Krankenversicherungen, mit denen Versicherte zum Beispiel sportliche Aktivität nachweisen können.
Der Konzern betont, dass das Programm ausschließlich Vorteile für die Kunden biete: Selbst ein inaktiver Versicherter zahle über die Gesamtlaufzeit der Versicherung hinweg nie mehr als ein Kunde, der nicht eingeschrieben sei. Generali ist mit 13,5 Millionen Kunden und 17,8 Milliarden Euro an Beiträgen nach der Allianz bei Lebensversicherungen die Nummer 2 in Deutschland.
Deutschlandchef Giovanni Liverani sagte: „Wir erfinden Versicherungen neu und werden zum aktiven Partner für unsere Kunden.“ Der innovative Ansatz biete nicht nur Vorteile für den einzelnen Kunden, sondern für das ganze Kollektiv: Dank niedrigerer Gesundheitskosten werde die gesamte Versichertengemeinschaft profitieren. Mit Generali Vitality motiviere man die Kunden zur Prävention und zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil. Das mache das Programm in Deutschland und ganz Europa einzigartig. „Wir verstärken und erweitern das Solidaritätsprinzip der Versicherung durch effektive Anreize zu gesundheitsbewusstem und damit risikovermeidendem Verhalten. Somit können wir weiter als Helfer in der Not agieren, aber auch das Leben unserer Kunden schützen, bevor ein Schaden entsteht.“
Für eine Teilnahme an dem Programm schließen die Kunden neben der Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung mit Generali oder AachenMünchener einen weiteren Vertrag mit einer Tochterfirma des Konzerns ab. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass der Versicherungskonzern Zugriff auf die vom Kunden zur Verfügung gestellten Daten hat. Nur Informationen zum Status des Kunden, der sich aus den gesammelten Punkten errechnet, werden weitergegeben.
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