Lieferketten und Arzneiproduktion in Europa

Lieferschwierigkeiten: WTO und IG BCE warnen

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Berlin -

Angesichts von zahlreichen Einschränkungen beim Handel mit Medizinprodukten wegen der Corona-Pandemie hat die
Welthandelsorganisation (WTO) vor Gefahren für Lieferketten gewarnt. Die Gewerkschaft IG BCE appelliert in der Corona-Krise gleichzeitig an die Politik, sich stärker für eine Rückverlagerung der Produktion wichtiger Arzneien nach Europa einzusetzen.

„Sobald mehr produziert werden kann, wird der Handel von entscheidender Bedeutung sein, um Vorräte von dort, wo sie reichlich
vorhanden sind, dorthin zu verlagern, wo sie fehlen“, teilte die WTO am Donnerstag in Genf mit. „Ein Mangel an internationaler
Zusammenarbeit könnte jedoch die dringend erforderliche Reaktion auf das Angebot behindern.“ Dies gelte umso mehr, als dass die Krankheit zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten ihren Höhepunkt erreichen werde.

Etwa 80 Länder und Gebiete hätten Handelsbeschränkungen erlassen, die vor allem für Schutzausrüstungen für Gesundheitspersonal wie Schutzbrillen und Masken gelten, so die WTO. Aber auch Desinfektionsmittel, Medikamente und Virustests seien betroffen. Manche Länder hätten auch den Verkauf von Nahrungsmitteln, Seife und Toilettenpapier ins Ausland eingeschränkt. Die Maßnahmen seien eine Antwort auf nationale Knappheit, räumte die Organisation ein. Zugleich betonte sie, die medizinische Fertigung müsse dringend hochgefahren werden, um Covid-19 zu bekämpfen.

Mehr Produktion in Europa

Gleichzeitig appelliert die Gewerkschaft IG BCE in der Corona-Krise an die Politik, sich stärker für eine Rückverlagerung der Produktion wichtiger Arzneien nach Europa einzusetzen. Nur so lasse sich die Verwundbarkeit im Fall ausfallender Lieferungen verringern. Nicht nur bei „vergleichsweise einfachen Produkten wie Schutzmasken“ sei Europa von China und anderen Produzenten abhängig, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Das reicht bis zu essenziellen Medikamenten und Wirkstoffen.“

Der Gewerkschafter warnte: „Es kann nicht sein, dass Deutschland als einstige Apotheke der Welt heute bei manchen Blutdrucksenkern, Schmerzmitteln oder Antibiotika auf Asien angewiesen ist. Eine Lehre aus dieser Krise muss lauten: zentrale Produkte, Wirkstoffe und Abhängigkeiten identifizieren, Produktion nach Deutschland und in die EU zurückholen, Versorgungssicherheit und gute Arbeit schaffen.“

Lieferengpässe verschärft

In der Corona-Krise haben sich die Lieferengpässe bei Arzneien in Deutschland verschärft. Aus Sorge vor dem Virus haben Verbraucher etwa Schmerz- und Erkältungsmittel gehamstert. Derzeit verzeichnet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 428 knappe Mittel – im November waren es 290. Und die EU-Kommission fürchtet in der Pandemie Engpässe bei Arzneien für Intensivpatienten.

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller hält indes nichts von einer Produktionsverlagerung nach Europa. „Kein Land der Welt kann sich heute komplett allein mit Arzneimitteln versorgen“, erklärte Präsident Han Steutel. So beziehe China deutlich mehr innovative Arzneimittel aus europäischer Produktion als umgekehrt. Bei Nachahmermedikamenten liege China dagegen vorn. „Diese Austauschverhältnisse einseitig außer Kraft setzen zu wollen, wäre ökonomischer Unsinn. Und obendrein wäre es gefährlich für Deutschland, das nicht nur bei Arzneimitteln vom Export lebt.“

 

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