Remifentanil: GSK kontert FAZ Nadine Tröbitscher, 26.04.2017 18:11 Uhr
Der Lieferschwierigkeiten des Narkosemittels Ultiva (Remifentanil, GlaxoSmithKline) sorgt für Aufregung – Ärzte sind verärgert, Patienten besorgt und Behörden gefragt. Zuerst berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über den Notstand, jetzt meldet sich der Hersteller zu Wort.
In manchen OP-Zentren könne nur noch zwei Wochen lang operiert werden, dann seien die letzten Vorräte aufgebraucht. Der Grund für die Misere sei unbekannt, schrieb die FAZ. Der Hersteller gibt die hohe Nachfrage für Ultiva als Ursache an, denn dieser stünden nur begrenzte Produktionskapazitäten gegenüber. Somit könne nicht der gesamte deutsche Bedarf gedeckt werden und man sei nur eingeschränkt lieferfähig.
„Durch die Nachfrage konkret unseres Originalprodukts beliefern wir derzeit viele Kliniken direkt und versuchen täglich zudem, weitere verfügbare Mengen unseres Produktes breitestmöglich verfügbar zu machen. Weitere Lieferungen unseres Produktes sind uns für Mai/Juni angekündigt. Wir werden uns weiterhin bemühen, den Bedarf möglichst breitflächig abzudecken“, teilt GSK mit. Der Hersteller widerspricht damit der FAZ-Aussage, derzeit nur zwei Kliniken zu beliefern.
GSK verweist auf mindestens drei Generika, die seit 2011 im Handel sind. „Es gibt also Alternativen im Markt mit dem identischen Wirkstoff. Allerdings ist uns die Lieferfähigkeit anderer Hersteller nicht bekannt und wir haben auch keinen Einfluss darauf.“ Ein Blick auf die Liste der Lieferengpässe vom BfArM verrät – Teva ist ebenfalls defekt.
Dennoch gibt GSK Entwarnung: „Neben den […] wirkstoffgleichen Generika stehen Anästhesisten darüber hinaus auch andere bewährte Wirkstoffe zur Verfügung, um notwendige Operationen durchzuführen. Im aktuellen Fall kann der Anästhesist sicher am besten entscheiden, auf welche Alternative er in welchem Fall zurückgreift.“ Somit sind aus Sicht des Unternehmens keine Verschiebungen von Operationen zu befürchten.
Man habe zwar das Anästhesiegeschäft an Aspen verkauft, die Übertragung liege aber noch in der Zukunft. Der Vertrieb liege derzeit noch bei GSK. Die FAZ schrieb: GlaxoSmithKline werde zwar weiter in seiner Fabrik in Italien produzieren, habe den Vertrieb aber an die südafrikanische Aspen Pharma verkauft. Aspen leite die Mittel womöglich in Märkte um, in denen höhere Margen zu verdienen seien.
Bei Remifentanil handelt es sich um ein Opioid-Anaesthetikum, das sich besonders durch schnelles An- und Abfluten auszeichnet. Naloxon kann als Antidot eingesetzt werden. Ultiva ist in den Dosierungen zu 1, 2 und 5 mg auf dem Markt. Generika gibt es von Puren, B. Braun, Hameln, Fresenius Kabi, Hexal sowie Teva und Carinopharm. Andere Hersteller wie Pfizer, Mylan, Hospira, Noridem, Orion und Biokanol sowie die auf Anästhetika spezialisierte Biotechfirma Paion hatten sich wegen der niedrigen Preise von dem Wirkstoff verabschiedet.
Remifentanil habe entscheidende Vorteile gegenüber anderen Narkosemitteln, sagte der Präsident des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, Professor Dr. Götz Geldner. „Sie sind gut steuerbar beim An- und Abfluten.“ Der Patient könne schnell in tiefe Narkose versetzt werden und wache schnell wieder auf. Das sei vor allem bei ambulanten Operationen wichtig, nach denen die Patienten wieder nach Hause gehen müssten, aber auch bei Kindern. In Kliniken gebe es mehr Alternativen. Krankenhäuser würden wohl auch bevorzugt beliefert, weil sie in Einkaufsverbünden größere Mengen abnähmen.